Sophia Loren, beispielsweise, bevorzugte selbstgemachte Pasta, und ließ dazu kurzerhand das Badezimmer ihrer Hotelsuite in eine Küche umfunktionieren. „Geht nicht, gibt’s nicht“, und „Stets nur das Beste“, so lauten die Devisen im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten nun schon seit 120 Jahren. Standard-Richtlinien seines Stil gebenden Besitzers Friedrich Haerlin, der das „Hotel zu den Vier Jahreszeiten“ 1897 zu einem Schnäppchenpreis von 420000
Reichsmark ersteigerte. Zielstrebig kaufte der gebürtige Schwabe, nach und nach, die umliegenden Gebäude noch dazu. Aus dem einen Haus mit seinen ursprünglich 11 Räumen, entfaltete sich so peu à peu ein illustres Ensemble bis zum heutigen Grandhotel mit seinen 156 Luxuszimmern und Suiten. Bereits 1928 ließ Haerlin alle sechs Gebäude einheitlich aufstocken. Die 5. Etage bekam zudem einen langen Aussichtsbalkon zur Alsterseite. Als krönenden Abschluss ließ der honorige Stuttgarter den gesamten Komplex mit einem grünen Kupferdach krönen, und gab dem Hotel damit damals schon seine heutige Außendarstellung.
Gemeinsam, mit seiner Frau Thekla, einer gebürtigen Bremer Kaufmannstochter, baute Haerlin das Hotel zur einer der ersten Adressen Hamburgs aus. Selbst in erratischen Zeiten, zwischen Währungskrise und Weltkriegen, behielten die Haerlins die Contenance. Mit Akrebie und Leidenschaft bauten sie weiter an, um, und aus. 1919 eröffnen sie das Restaurant Haerlin. Unter der Regie von Christoph Rüffer und seinem Team glänzt es heute mit zwei Michelin Sternen und 19 Gaul Millaut Auszeichnungen. Während der Inflation setzt Friedrich Haerlin vorausschauend auf „Flüssignahrung“. Er legt einen beachtlichen Weinkeller an. Sehr zur Freude mancher Gäste, wie z.B einiger Reeder. Diese sprachen dem köstlichen Nektar gerne in ihrer Mittagsrunde zu, wenn sie ihre nach außen „bescheidenen“ Würstchen mit Kartoffelsalat, mit einer Flasche edlem Wein für etwa 700 Reichsmark veredeln konnten. Da geht noch mehr, ahnte Haerlin und erweiterte die kulinarischen Genussstationen 1926 um den Jahreszeiten Grill, als Casino im Art Deco Stil; die Schönheit dieser Episode ist heute wieder sichtbar, an der Holzvertäfellung aus kaukasischem Nußholz und an den zwei, mit Intarsien verzierten, Art-Deco Säulen. Der Jahreszeiten-Grill gilt damit als eines der schönsten Restaurants Deutschlands.
Thekla Haerlin beschäftigte sich derweil mit dem Ausbau der Naschwerkfabrikation und installiert 1935 das Condi“, eine Konditorei im Biedermeierstil, prall gefüllt mit köstlichen Versuchungen, die mit dem Pferdewagen sogar frei Haus geliefert werden konnten. Parallel dazu entstand eine Etage tiefer der rustikale Jahreszeiten-Keller, eine Möglichkeit zum zünftigen feiern, gerne genutzt von Künstlern, Politikern, Adligen und sonstigen Persönlichkeiten aller Couleur. Der angenehm, luxuriöse Rahmen und die ausgezeichnete Bewirtung verschafften den Haerlins mächtige Stammkunden, wie z.B. den Bruder des
deutschen Kaisers. Später setzte Haerlins Sohn Fritz die Tradition in größerem Rahmen fort; er lockt die haute volée der ganzen Welt nach Hamburg, dazu viele Künstler und Schauspieler. Alfred Hitchkock, die Callas und Aristoteles Onassis, Kurt Jürgens, Antony Quinn, Brian Ferry, Kirk Douglas, Gina Lollobridgida, Natalie Cole, die Rolling Stones, Bill Clinton und kürzlich John Kerry, der amerikanische Aussenminister, kamen und kommen immer wieder gerne in dieses gastliche, feine Haus mit dem besonderen Flair. Auch Ingo Peters, der heutige Leiter des Hauses, führt diese Idee der Gastlichkeit weltmännisch fort. Für ihn muss es gar kein Kaviar sein. Peters gefällt die asiatische Küche und so war es eine seiner ersten Amtshandlungen, nach seiner Rückkehr als Direktor, dem Jahreszeiten Keller die Idee vom Fernen Osten einzuhauchen. Im Herbst 1998 eröffnet unter seiner Regie das Doc Cheng. 18 Jahre lang bleibt es ein köstlicher Stern am deutschen Gastrohimmel, bis es gegen Ende 2016 einer neuen raffinierten Idee von Peters weichen muss, dem Nikkei Nine. Hier trifft man mit peruanisch-japanischer Fusion Cuisine auf die gekonnte Verbindung zweier Kontinente und eine Küche ohne Pass.
Unter goldenen, beweglichen Elementen, kann zu fortgeschrittener Stunde das Tanzbein geschwungen werden, wenn der DJ in Lucky-Number 9 zum Tanz einlädt. Ausgewählte Kunstelemente in lila, bunt oder kupferfarben fangen den Blick ein. Seit Jahren ist Peters am renovieren. In dem neuen Besitzer, Kurt Dohle, hat er seit 2013 einen tollen Mitstreiter gefunden. Endlich kann er aus dem Vollen schöpfen. Mit sicherem Geschmack und versierten Händen unterstützt von seiner Frau Christiane, ist der „Alte Kasten“ inzwischen zu exquisiter Pracht erblüht. „Das muss uns erst einmal jemand nach machen“, lächelt Peters voller Stolz. Voller Vif und Esprit, strahlt das Grandhotel mehr als manch junge Herberge es je könnte. Noch heute findet man in vielen liebevollen Details die leidenschaftliche Akrebie des Hotelier Paares Haerlin. Für Gäste ist das Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten nicht nur ein fünf Sterne Haus, es ist eine wahre Fundgrube an Geschichten und Details. Sei es die Ananas am Treppenaufgang, die Zimmerkontrolle aus Messing auf den Etagen, die Ahnengalerie, das Ralph Lauren Zimmer, oder der auf 1000 qm ausgebreitete SPA samt Dachterasse – es gibt hier
immer etwas zu entdecken. Im Februar 2017 feierte das Hotel Vier Jahreszeiten seinen 120. Geburtstag. Dazu gewährt das Hotel noch einmal einen besonderen Blick hinter seine Kulissen. In der Neuauflage seines Vier Jahreszeiten-Buches, „Ein Stück Hamburg, Geschichte und Geschichten“ *, fasst Jens Meyer-Odewald verrückte Anekdoten aus 12 Dekaden zusammen. Was Theo Lingen für Tricks
drauf hatte, warum die Rolling Stones nur einmal am Kronleuchter schaukeln konnten und andere eklatante Ereignisse hat der Abendblatt Redakteur neu zu Papier gebracht. In Zusammenarbeit mit Direktor Ingo Peters und den langjährigen Mitarbeitern des Hotels, wurde das Coffee-Tabel-Book mit den schönsten Geschichten bestückt. Das Buch gibt Aufschluss über die Hotel-Familie Haerlin und die Abläufe in diesem unvergleichlichen First-Class-Hotel; ein schöner Einblick in eine ganz andere Welt. Auf 260 Seiten erzählt der Autor lebendig und mit Fingerspitzengefühl wie sich das Gästehaus an der Alster zum wunderschönen Weltklassehotel mausert. Mehr als 200 Fotos dokumentieren Zeitgeschichte und heben ungeahnte Schätze zum ersten Mal. Das entscheidende Flair dieser „berühmten Alsterperle“ spührt am besten bei einem persönlichen Besuch. Die freundliche Begrüßung durch die jeweiligen Wagenmeister ist wie ein kleiner Blumenstrauss zum Empfang. Vom Oberkellner bis zum Zimmermädchen, alle Mitarbeiter geben dem Haus das besondere Flair. Viele sind schon lange dabei, sie arbeiten gerne dort und auch das merkt der Gast. Direktor Ingo Peters selbst hat einst als Page im Hotel Vier Jahreszeiten seine Ausbildung begonnen. Nach dreizehn Jahren Abwesenheit, in denen der charmante Hamburger die Luft der großen weiten Welt in anderen Häusern schnuppern konnte, kehrt er 1997 begeistert zurück. „Ein Haus wie das Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten macht schon auch ein wenig süchtig“, sagt er. Das geht sicher vielen so. Es ist eine Wohltat, nach einem anstrengenden Stadtbummel, in der Bar ruhig anzukommen, etwas Kaviar zu naschen und diesen mit einem Glas Champagner zu genüsslich zu ergänzen, so wie es vielleicht einst Johannes Mario Simmel mit Thomas Lieven hier getan hat…
* Das Hotel Vier Jahreszeiten – „Ein Stück Hamburg, Geschichte und Geschichten“ ist im Eiland Verlag erschienen und kann für 69 € in jedem Buchladen bestellt werden
Beitragsfoto von Sophia Loren ⒸFairmont Hotel Vier Jahreszeiten
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