das zeigt sich auch dieses Jahr wieder auf der Internationalen grünen Woche, IGW 19-28.1., der weltweit größten Ernährungsschau in Berlin: mit 1614 Ausstellern aus 67 Ländern auf 115000 qm Fläche. Die IGW 2018 findet in
Kooperation mit Bulgarien statt, unter dem Motto: „Die Zukunft der tierischen Erzeugung gestalten – nachhaltig, verantwortungsvoll, leistungsfähig.“ Bei den Pressekonferenzen im Vorfeld herrschte eine subtile Unsicherheit im Hinblick auf die bevorstehende Regierungsbildung und die damit verbundenen Sondierungsgespräche. Ein radikaler Umbau der Agrarpolitik ist dringend erforderlich. Leider will sich keiner der Entscheider so richtig festlegen: Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes DBV, Joachim Rukwied, verlangt generell weniger Reglementierung und Kontrolle, aber mehr staatliche Unterstützung beim Stallbau für mehr Tierwohl. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt will den ökologischen Landbau, wie schon in 2017, auf 20 % hochsetzen. Hinsichtlich der Pläne zu mehr Tierwohl, und bis wann dazu die erforderlichen Vorraussetzungen geschaffen werden, bleibt unsicher. „Bis Ostern“, meinte der Minister scherzhaft, und Ostern sei ja jedes Jahr. Weiterhin mache er sich große Sorgen um den Ausverkauf der Flächen an Nicht-Landwirte, das könne die Politik aber leider nicht regeln. Bezüglich seiner Glyphosat-Entscheidung, wies er darauf hin, dass er die Nutzung des Pestizides im Privatbereich bereits erheblich eingeschränkt habe.
Der Spitzenverband der deutschen Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Bio-Erzeugnissen BÖLW fordert von der GroKo einen konkreten Ausstiegsplan: „Wir müssen heute schützen, was wir morgen zum Leben brauchen“, sagt Felix Prinz zu Löwenstein zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche und ergänzt: „Union und SPD dürfen nicht auf Zeit spielen. Längst liegen genug wissenschaftliche Nachweise dafür vor, dass wir durch schädliche Praktiken dabei sind, überlebenswichtige Ressourcen wie Artenvielfalt, Wasser oder Bodenfruchtbarkeit unwiederbringlich zu zerstören. Ökolandbau ist für einen notwendigen Umbau der Landwirtschaft ein erprobtes und wirkungsvolles Instrument.“ Prof. Matthias Liess vom Helmholtz-Zentrum stellt aus Sicht des Ökologen die weitreichende Schädigung von Bächen in Agrarlandschaften dar: „In Deutschland, aber auch weltweit, verursachen Pestizide dramatische Probleme in Gewässern. Pestizide vermindern die Biodiversität und die natürliche Selbstreinigung des potentiellen Trinkwassers. Offensichtlich versagt die Zulassung von Pestiziden.“ Stefan Palme, Bio-Bauer aus Brandenburg berichtet: „Wir verzichten auf Glyphosat. Das geht mit einer guten Fruchtfolge, bei der sich Getreide, Ölsaaten und Futterpflanzen wie Leguminosen auf dem Feld abwechseln. Wir verwenden gezielt auch öko-taugliche Pflanzensorten, die im Frühjahr schnell dem Unkraut davonwachsen. Mit guter Ausbildung, innovativen Methoden und spezialisierten Maschinen erzeugen wir beliebte Produkte und schützen dabei Artenvielfalt und Umwelt.“ Jan Plagge bekräftigt, dass es bis spätestens 2021 ohne Glyphosat gehen muss: „Die Ausstiegspläne für Glyphosat sind ein wichtiges Signal an Praktiker, Agrartechnikhersteller und Forschende. Das jetzt beim Glyphosat und anderen Totalherbiziden ein Verbot notwendig wird, zeigt aber auch die großen Defizite im Pflanzenschutzrecht auf. Weder die Zulassung und die Regeln zur Anwendung des Gifts, noch die Gesprächskreise zum Pflanzenschutz im Bundeslandwirtschaftsministerium genügen, um angemessen mit den Risiken von Totalherbiziden umzugehen und deren Einsatz signifikant zu reduzieren. Wir fordern deshalb mehr Forschung für einen Pflanzenschutz ohne Chemie.“ Prinz zu Löwenstein kommentiert abschließend die aktuelle Regierungsbildung: „Die Stärkung der Dörfer, den notwendigen Umbau von Tierhaltung und Pflanzenbau, das Verbot Gentechnik auf dem Acker sowie von Patenten auf Pflanzen und Tiere.“ In den anstehenden Koalitionsvereinbarungen müsse aus diesen allgemeinen Grundsätzen aber konkretes Handeln abgeleitet werden:
- Um das Ziel von 20 % Öko-Landbau aus der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zu erreichen, muss die bereits vorliegende Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau (ZöL) umgesetzt werden.
- Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) muss Steuergelder dafür verwenden, im Sinne der Menschen zu handeln: Wasser, Böden und Klima zu schützen, Tiere artgerecht zu halten und so besonders bäuerlichen Betrieben neue Perspektiven zu geben.
- Bei Produkten aus artgerechter Tierhaltung fehlt eine verpflichtende Haltungskennzeichnung
- Die Wirtschaftsförderung muss auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Um den Umbau der Landwirtschaft zu ermöglichen, müssen Wirtschaftsförderung und Landwirtschaftspolitik besser miteinander verzahnt werden.
- Fairer Handel braucht faire Regeln – deshalb muss sich Deutschland für ein demokratisches und transparentes Welthandelssystem einsetzen, bei dem internationale Menschen- und Umweltrechtsabkommen sowie sozial-
ökologische Standards die Grundlage für Handelsverträge bilden.
- Gesunde Ernährung stärken: Der Bund muss die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung für eine gesunde Landwirtschaft und Ernährung nutzen. Nachbarländer wie Frankreich oder Dänemark zeigen, wie es geht. So ist es in Kopenhagen gelungen, den Bio-Anteil in allen öffentlichen Einrichtungen auf 90 % auszubauen.
- Die neue Bundesregierung muss sicherstellen, dass Verbote von Patenten auf Pflanzen und Tiere tatsächlich wirksam werden. Neuartige Gentechnikverfahren wie CRISPR-Cas bei Lebensmitteln müssen nach dem Vorsorgeprinzip reguliert werden.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert eine sozial-ökologische Erneuerung des Landes einzuleiten. BUND-Geschäftsführer, Olaf Bandt: „Dazu bedarf es Mut um Widerstände, gerade auch in Kreisen der Wirtschaft und der Union, zu überwinden. Die Klimakrise ist Realität. Im Interesse der Menschen und der Zukunftsfähigkeit unseres Landes muss eine neue Bundesregierung deshalb Klimaschutz, den Kohleausstieg, die Verkehrs- und Energiewende zügig angehen. Auch fordern viele Verbraucher zu Recht den Umbau der Tierhaltung hin zu umwelt- und tiergerechten Haltungsverfahren und ein Aus des Ackergifts Glyphosat.“ Der Brief an die SPD-Delegierten und die Forderungen des BUND finden Sie unter: www.bund.net/brief-spd
Deutschlands größter Naturschutzverband der NABU und Deutschlands größter ökologischer Anbauverband Bioland fordern gemeinsam eine Neuausrichtung der Europäischen Agrarpolitik (GAP). „Verbraucher, Landwirte und die Umwelt brauchen einen Umbau der EU-Agrarförderung. Eine Politik des Weiter-So darf es nicht geben“, waren sich NABU-Präsident Olaf Tschimpke und Bioland-Präsident Jan Plagge einig. „Mit ihrer derzeitigen Ausrichtung befördert die EU-Agrarpolitik eine immer stärkere Intensivierung der Landwirtschaft. Sie ist inzwischen zum wesentlichen Treiber des Artenschwunds in Europa geworden“, nannte Tschimpke den drängendsten Grund für eine grundlegende Reform. Die für die Bestäubung wichtigen Insektenbestände sinken besorgniserregend, ebenso befänden sich ehemalige Allerweltsarten wie Kiebitz und Feldlerche im freien Fall.
Mit 55 Milliarden Euro jährlichen Zahlungen an Landwirte ist die GAP das zentrale Steuerungsinstrument für die Art der Landnutzung in der gesamten EU. Bisherige Reformversuche haben das Artensterben nicht aufhalten können – obwohl der Umweltschutz als wichtiges Ziel immer wieder genannt wurde. So ist etwa das Greening durch die ständige Verwässerung der Agrarlobby gescheitert und bleibt wirkungslos für die Artenvielfalt. Der Europäische Rechnungshof bekräftigte unlängst die Ineffizienz des Greenings. Auch eine vom NABU mit in Auftrag gegebene Fitness-Check-Studie weist die hochgradige Ineffizienz, Umweltschädlichkeit und widersprüchlichen Ziele der gesamten bestehenden EU-Agrarförderung nach.
Der Großteil der EU-Agrar-Gelder würde derzeit mit der Gießkanne über alle Agrarflächen ausgeschüttet und lande so auch oft bei Verpächtern und Bodenspekulanten anstatt bei den Bauern. Die Reform der GAP bietet die große Chance, die bestehende falsche Lenkungswirkung zu korrigieren. „Gefordert sind jetzt mutige Politiker, die die Gießkannenförderung stoppen und gezielt die Leistungen der Landwirte honorieren. Im Ringen um die Verteilung der Agrargelder sollen diejenigen Landwirte unterstützt werden, die sauberes Wasser und eine hohe Artenvielfalt sicherstellen, Klima- und Tierschutz auf höchstem Niveau betreiben und so wertvolle Lebensmittel erzeugen“, sagte Plagge. „Viele Landwirte würden ihren Betrieb danach neu ausrichten und davon profitieren“, ist Plagge überzeugt.
„Bisher blockieren der Bauernverband und das Bundeslandwirtschaftsministerium eine umweltfreundliche Agrarreform. Beide müssen dringend umdenken, wollen sie nicht die Zukunft vieler Bäuerinnen und Bauern aufs Spiel setzen. Denn schwindet die gesellschaftliche Zustimmung für die Landwirtschaft, versiegt langfristig auch die Förderung aus der Staatskasse“, so Tschimpke.
Zum Auftakt der Grünen Woche in Berlin präsentierte das AgrarBündnis – ein Dachverband von 25 Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz sowie Entwicklungsarbeit – den Kritischen Agrarbericht 2018. Besonderer Schwerpunkt dieses umfassenden Jahrbuches ist diesmal „Globalisierung gestalten“. Handel sei gut und wichtig, wenn er zu einer besseren Versorgung mit Lebensmitteln beitrage, aber um Ernährungssicherung gehe es auf den Agrarmärkten immer weniger, so Frieder Thomas, Geschäftsführer des AgrarBündnis. Der globale Konkurrenzkampf um Wettbewerbsfähigkeit und die starke Konzentration von Marktmacht in den Händen von Wenigen sei ein Geschäftsmodell, das Mensch, Tier und Natur schädigt und auch Qualitätsstandards von Lebensmitteln senkt. „Die Exportstrategie hat den deutschen Bauern wenig gebracht. Die sog. Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten bedeutet ruinöse Preise für die meisten heimischen Bäuerinnen und Bauern. Gleichzeitig geraten die stetig steigenden Exporte in Konflikt mit unseren Nachhaltigkeitszielen, sie schädigen die Märkte im globalen Süden und tragen so zur Flucht und Migration maßgeblich bei“, so Thomas weiter. Notwendig sei eine grundsätzliche Umkehr in der Agrarhandelspolitik, eine Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten und eine Qualitätsstrategie mit Produkten, die umwelt-, tier- und klimafreundlich erzeugt werden. Das biete auch wirtschaftliche Chancen für Bäuerinnen und Bauern – bei uns wie in den Ländern des Südens.
Bäuerliche Leistungen gezielt honorieren – Die Organisationen des AgrarBündnisses sprechen sich für eine grundlegende Reform der Europäischen Agrarpolitik aus, die derzeit in Brüssel vorbereitet wird. Bernd Voß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) spricht sich für eine Rückkehr zum Leistungsprinzip aus: „Die bisherige pauschale Förderung der EU je Hektar Fläche berücksichtigt nicht, was die einzelnen Betriebe auf ihrer Fläche und in ihren Ställen konkret leisten. In Zukunft müssen alle EU-Zahlungen diese Unterschiede berücksichtigen und einen Anreiz geben für besondere Leistungen für Umwelt-, Natur- und Tierschutz. Daher ist es wichtig, dass die heute stattfindende Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern eine klare Reformbotschaft nach Brüssel sendet“, so Voß. Zudem fordert Voß EU-Instrumente zur Vermeidung schwerer Marktkrisen wie im Milchmarkt: „Die EU muss sich trauen, mit branchenfinanzierten Anreizen für eine befristete Begrenzung der Erzeugung zu reagieren, wenn preisdrückende Überschüsse anwachsen. Hätten Milchindustrie und Bundesregierung das bisher nicht verhindert, würden jetzt nicht knapp 400.000 Tonnen Magermilchpulver in EU-Lägern liegen und den Preis mit nach unten ziehen.“ Umbau im Ackerbau ist notwendig Einen Umbau im Ackerbau forderte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. Die intensive Landwirtschaft in Deutschland verzeichne einen seit 2006 stetig steigenden Pestizideinsatz. „Allein in Deutschland werden zurzeit Jahr für Jahr fast 50.000 Tonnen Pestizidwirkstoffe in der Landwirtschaft eingesetzt und landen dann in Böden und Gewässern. Das hat dramatische Konsequenzen, unter anderem für die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. So hat sich die Biomasse der Fluginsekten um 75 Prozent verringert und die Zahl der Vögel geht zurück, da die Nahrung knapp wird. Um das Insektensterben zu stoppen und die Artenvielfalt nicht noch weiter zu gefährden, muss die nächste Bundesregierung ein Komplettverbot von Glyphosat und den besonders gefährlichen Neonikotinoiden auf den Weg bringen. Nach dem skandalösen Glyphosat-Alleingang von CSU-Agrarminister Schmidt ist ein nationaler Ausstiegsplan aus der Anwendung des Totalherbizids das Mindeste, was die nächste Bundesregierung liefern muss“, sagte Weiger. Tierschutz: Bundesministerium bleibt hinter den Versprechen zurück – „Auch zur IGW 2018 müssen wir feststellen, dass der Tierschutz als eine Abteilung im „Tiernutzerministerium“, dem Bundeslandwirtschaftsminister keine durchgreifende Rolle spielt“, beklagte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ist mit seinem Aufschlag zum staatlichen Tierwohllabel vor fast einem Jahr gescheitert.“ Aber auch in anderen Bereichen bleibe das Bundesministerium hinter den Versprechen zurück, so Schröder: Der millionenfache Kükenmord gehe unverändert weiter, es gäbe immer noch keine verbindlichen Vorschriften zur Haltung von Puten und Rindern. Und das Tierschutzgesetz sei weit davon entfernt, als staatszielkonform bezeichnet zu werden. „Wir brauchen ein wirkliches Mehr an Tierschutz in den Ställen. Dazu bedarf es einer nationalen Nutztierstrategie, deren Grundlage die Orientierung am Tierschutz ist und die nicht durch wirtschaftliche Interessen verwässert wird.“
Jungen Landwirten den Einstieg ermöglichen – Clemens Gabriel, Demeter-Junglandwirt und Co-Leiter eines Projektes zur „Existenzgründung und Unternehmensentwicklung“ im Ökologischen Landbau thematisierte die inner- und außerfamiliäre Hofübergabe. Der Ökologische Landbau stehe wie die Landwirtschaft insgesamt beim Generationenwechsel vor großen Herausforderungen: „Der Aufbau einer Existenz oder der Quereinstieg in den Öko-Landbau fordern Engagement, Wissen, Willen und eine gute Vorbereitung“, so Gabriel. „Insbesondere ökologisch wirtschaftende Höfe setzen seit vielen Jahrzehnten zukunftsweisende Entwicklungsimpulse in der Pflanzenzüchtung, der Tierhaltung, der Bodenentwicklung sowie in solidarischen Wirtschafts- und Lebensformen. Wenn wir die innovative Weiterentwicklung des Ökolandbaus nicht gefährden wollen, braucht es für die zukünftige Generation neue Formen der Aus- und Erwachsenenbildung“ sagte Gabriel. Hierbei seien Politik, Bildungseinrichtungen und Verbände gleichermaßen gefordert. Es reiche nicht aus, Junglandwirten etwas höhere Fördersätze zu gewähren. Junge und potentielle Betriebsleiter, z.B. auch Quereinsteiger, müssten beim Prozess der Unternehmensgründung besser unterstützt werden.
Bürgerprotest für eine bäuerliche Landwirtschaft
Um einer bäuerlichen Landwirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen, sei es gut, die besseren Argumente zu haben; die könne man im Kritischen Agrarbericht finden, so AgrarBündnis-Geschäftsführer Frieder Thomas. Man müsse jedoch nicht nur gut argumentieren, sondern auch in der öffentlichen Diskussion hartnäckig bleiben und zeigen, wie stark der Wunsch nach einer Veränderung in der Gesellschaft verbreitet sei. Deshalb ruft das AgrarBündnis auf, sich am 20. Januar 2018 in Berlin an der von über 50 Organisationen der Zivilgesellschaft getragenen Demonstration „Wir haben es satt“ zu beteiligen.
Den Kritischen Agrarbericht – finden Sie unter: www.kritischer-agrarbericht.de
Germanwatch-Kommentar zur neuen Produktlinie der Firma Reinert mit antibiotika-frei erzeugtem Fleisch
Antbiotikafreie Schweinehaltung kann einen Beitrag zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen leisten. Der Wursthersteller Reinert hat heute auf einer Pressekonferenz in Berlin angekündigt, acht Produkte aus „antibiotikafreier Aufzucht“ in den Handel zu bringen. Dazu sagte Reinhild Benning, Agrarexpertin von Germanwatch: „Es ist gut, dass Bewegung in die Branche kommt. Doch ob Verbraucherinnen und Verbraucher einen Gesundheitsvorteil haben, liegt weniger an der Aufschrift ‚antibiotika-frei‘ als vielmehr an der Resistenzrate gegen Antibiotika auf dem Fleisch. Über die Resistenzraten werden jedoch keine Aussagen getroffen.“
Derzeit sinken zwar die Antibiotikamengen in der Tierhaltung in Deutschland, nicht aber die Resistenzraten auf Fleisch aus gewerblichen Schlachthöfen. „Die antibiotikaresistenten Keime können von einem Tierkörper auf den anderen übertragen werden. So können etwa in großen Schlachthöfen ursprünglich unbelastete Tiere am Ende mit antibiotikaresistenten Keimen belastet in die Verpackung gelangen“, erklärte Benning. Agrarminister Schmidt sollte die anhaltend hohe Belastung bei Fleisch mit antibiotikaresistenten Keimen ernster nehmen und insbesondere Großschlachthöfe strenger kontrollieren mit Blick auf die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen, forderte Germanwatch. Handwerkliche Hofschlachtungen mit geringen Tierzahlen aus viel weniger Ställen stellten ein geringeres Verbreitungsrisiko dar.
Antibiotikaminimierung im Stall sei ein Schritt in die richtige Richtung, wenn der Tierschutz dabei gesichert werde. Germanwatch begrüßte, dass laut dem dänischen Unternehmen Danish Crown, das Reinert mit dem Fleisch beliefert, ein Aufschlag von 20 Cent je Kilo Schwein an die 38 teilnehmenden dänischen Agrarbetriebe gezahlt werde. Dieser Preis ermögliche eine deutlich bessere Tierbetreuung insbesondere für kranke Tiere. Das trage zu einer Reduktion des Antibiotikaeinsatzes bei. „Aus Tierschutzsicht muss die Politik dafür sorgen, die Tierhaltung so zu verbessern, dass Schweine – bis auf Einzeltiere – nicht krank werden. Bei dem Danish Crown-Programm für Reinert fehlt die tierfreundliche Umgestaltung der Ställe zum Beispiel mit mehr Platz für die saubere Trennung der Futterplätze von den Kotbereichen“, kritisierte Benning. „Vielleicht zeigen ja bald schweinehaltende Betriebe in Deutschland wie es noch besser geht.“
Germanwatch, die ABL, „Wir haben es satt – Essen ist politisch!“ um den Druck für politische Verbesserungen insbesondere in der Tierhaltung, der Kennzeichnung und beim Pestizideinsatz voran zu bringen.
„Essen ist politisch!“ 33.000 fordern am 20.1.2018 mehr Tempo bei Agrar- und Ernährungswende
SPD und Union müssen Willen der Bevölkerung umsetzen: Schluss mit Glyphosat, Tierfabriken und weltweitem Höfesterben / Umwelt, Tiere und Bauernhöfe verzeihen keinen weiteren Stillstand
Tags: IGW Internationale Grüne Woche 2018