In dieser Zeit, in der gerade vieles in Unordnung zu geraten scheint, bringen die klaren Linien des Holländers eine angenehme Ruhe ins Visier des Betrachters. Ordnung, klar definiert: ein Raster von schwarzen Linien auf weißem Grund und die drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau. Klingt simpel, ist es aber nicht. Er legt damit den Grundstein zur abstrakten Kunst und nennt es Neoplastizismus, nicht mit Formeln zu erklären und nur intuitiv zu verstehen, genial!
Der Weg dahin ist interessant und wurde in Berlin jetzt nachgezeichnet. Die Linie – Mondrians präsentiert im Gropiusbau, dem Berliner Museum welches ausgerechnet mitten auf der Grenze steht, auf der Linie der Mauer, die eine Seite im Westen, die andere im Osten. Heute sind beide Seiten zusammen gewachsen und Mondrian ist wieder da. 1913 kam er das erste Mal in die Hauptstadt, auf Einladung des Galeristen Herwarth Walden, zum „Ersten Deutschen Herbstsalon“. 1937 wurden seine Werke in Deutschland als entartete Kunst diffamiert, doch seine Kreativität kennt keine Grenzen. Er wandert aus; erst nach London, dann nach Amerika, weit weg von seiner Heimat. Er wurde 1872 als zweiter Sohn von fünf Kindern eines Lehrers im niederländischen Amersfoort geboren. „Mondrian ist aufgewachsen in der Kunst des 17. Jahrhunderts, mit der Landschaftsmalerei von van Gogh und Rembrandt“, erklärt Hans Janssen der niederländische Kurator, „und daran hat er sich zunächst orientiert.“ Mondrian liebt die Natur, die Landschaft. Er beginnt plein air zu malen, unter freiem Himmel. Es entstehen wunderbare, zunächst kleinere Landschaftsbilder. Dann beginnt er mit Lichtstudien. Er arbeitet nun mehr im Atelier und seine Werke werden größer und impressionistischer. „In den Niederlanden hielt man den Impressionismus bis etwa 1913 für eine französische Spinnerei“, sagt Hans Janssen, „bis in Den Haag die niederländische Variante entsteht, mit der Haager Schule. Der schließt sich Mondrian einige Zeit an.“ Aber der Künstler will mehr. Auf der Suche nach sich selbst, experimentiert er sich durch alle möglichen Kunstrichtungen. Als er die Natur begreift, will er sie nicht mehr malen. Er meint, jede gemalte Linie ist nur eine Grenze und nie kann er die Wirklichkeit so malen wie sie ist. Diese Grenze will er durchbrechen. Er zieht um nach Paris. Er braucht den Ausstieg aus der Heimat, um sich weiter entwickeln zu können. An den Bäumen in seinen Bildern sieht man ganz gut wie er sich peu à peu zur Moderne hin bewegt. Immer mehr und immer entschlossener, über den Kubismus hinaus bis zur abstrakten Kunst. Er wohnt mit Picasso unter einem Dach und tauscht sich auch mit andernen bekannten Künstlern seiner Zeit intensiv aus. Seine radikale Kunst ist zunächst umstritten. Er muss immer wieder Blumenaquarelle malen, die er gut verkaufen kann und er verabscheut das. Aber dann findet seine „revolutionäre Kunst des Abstrakten“ Gefallen. Mondrian ist so radikal, dass er sogar sein Atelier zur Kunst gestaltet. Er wird damit zu einem Teil seiner eigenen Kreativität. Ständig dekoriert er um, neu oder anders.
Er schubst die Bauhaus Bewegung von Walter Gropius mit an in dem er einige Bauhausbücher von Gropius ins Französische übersetzt. Künstler und Kunststudenten reißen sich bald darum sein Atelier besuchen zu dürfen um es bestaunen zu können. Mondrian gründet mit De Stijl eine neue Künstlerbewegung und ruft in Paris damit auch eine neue Künstlerzeitung ins Leben. Einige Journalisten belächeln ihn, zu Unrecht! Er kennt keine Grenzen. Im Gegenteil, er erfindet sich ständig neu und findet sich dabei selbst.
In New York findet er Gefallen an Jazz und er lernt den Boogie Woogie. Sofort setzt er das wieder in Malerei um. Boogie Woogie erinnert an digitale Sprachmuster, das Internet. Piet Mondrian war seiner Zeit weit voraus. Er ist immer noch und immer wieder modern, ein künstlerischer Dauerbrenner. Ein Besuch der Ausstellung im Gropius Haus in Berlin lohnt sich.
Piet Mondrian (1872–1944) 4.9. bis 6. Dezember 2015 im Martin-Gropius-Bau in Berlin Kreuzberg, Niederkirchnerstraße 7
Das Ende der Kunst hat er nicht erfunden, wie er meinte. Doch findet man seine Ideen und Muster auch heute noch in vielen Designs wieder: in der Mode, in Möbeln, in der Architektur… Mondrian ist ein zeitloser Künstler, das macht ihn so besonders.
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