ThuleTuvalu- wenn das Eis schmilzt versinkt Tuvalu im Meer
Posted On 01 Aug 2015 / 0 Comment
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So klar wie nie zuvor zeigt dieser Film die katastrophalen Ausmaße der Klimaveränderung, in dem er veranschaulicht wie ein ganzer Inselstaat peu à peu im Meer versinkt. Geschickt verwebt der schweizer Regisseur Matthias von Gunten das Schicksal einiger Familien aus Thule in Nord-Grönland und aus Tuvalu, einem Inselstaat im Südpazifik. Zwei Orte die durch die fortschreitende Erwärmung der Erdatmosphäre zunehmend miteinander verbunden sind und sich beidenorts vor die Tatsache gestellt sehen, dass sich ihre Existenz grundlegend verändern wird.
Der Film beginnt vor ungefähr sechs Jahren, als die UN-Klimakonferenz Ende 2009 in Kopenhagen tagt, zum Schutze der Umwelt – wie paradox! Die Delegierten einigten sich nur auf einen „Minimalkonsens“ mit dem vage formulierten Ziel, die Erderwärmung auf maximal 2 °C zu begrenzen – für Tuvalu eine Katastrophe! Auch die letzten Jäger von Thule erfahren eine totale Veränderung ihrer Lebensumstände. Wie eklatant die Klimaveränderung manche Menschen betrifft und wie rasant diese Entwicklung ab 2009 bis heute fortschreitet, das erzählt der Film sehr anschaulich:
Die Menschen in Thule, dem nördlichsten Ort der Erde, leben 2009 noch immer wie ihre Vorfahren. Die meiste Zeit des Jahres jagen sie bei Temperaturen bis unter vierzig Grad. In Fellkleidern und mit Hundeschlitten ziehen sie über’s Eis um ihre Familien und ihre Hunde zu ernähren. Doch das Eis schmilzt mehr und mehr. Riesige Risse in den weißen Eisschollen verhindern die Weiterfahrt zu den traditionellen Orten. Ihre Jagdgründe fallen vor ihren Augen mehr und mehr ins Wasser.
Auf der anderen Seite der Erde leben die Inselbewohner in Tuvalu, in den endlosen Weiten des Pazifiks 2009 noch zufrieden und entspannt auf den überschaubaren Inseln aus Korallenriffen. Wie viele Generationen vor ihnen ernähren sie sich von Fischen, Kokosnüssen und selbst angebautem Gemüse. Ein kelienes Süßwasserreservoir ermöglicht ihnen gerade so viel Ackerbau wie sie für ihre Existenz benötigen. Die Folgen der Erderwärmung bedeuten für sie den fortschreitenden Verlust ihres Lebensraums: Das in Thule schmelzende Eis lässt die Inseln von Tuvalu durch den ansteigenden Meeresspiegel zunehmend versinken.
Über mehrere Jahre begleitet von Gunten die Menschen an diesen Orten. Er springt immer wieder hin und her und beschreibt so die krassen Veränderungen. Dabei werden neben den Unterschieden auch immer mehr Verbindungen und Gemeinsamkeiten deutlich: An beiden Orten zeigt sich, sei es beim Jagen oder beim Fischen, bei Eisfahrten oder beim Kanubau, wie das Meer als wichtigste Nahrungsquelle das ganze Dasein der Einheimischen prägt. Hier wie dort erleben wir, wie aus dieser engen Abhängigkeit von der Natur und in der grossen Abgeschiedenheit von der übrigen Welt über Jahrhunderte ihre besonderen Lebensweisen entstanden sind, die sich bis heute erhalten haben.
Zunehmend zeigt sich anhand der Protagonisten, wie die Eisschmelze im Norden sowohl die Jahreszeiten, die Landschaft als auch ihr ganzes Leben verändert und wie der daraus entstehende Wasseranstieg gleichzeitig die Menschen in Tuvalu damit bedroht, dass ihre Heimat eines Tages in den Fluten des Meeres versinken wird, während die Menschen in Thule ihre Jagdgründe verlieren. Mit den Hauptpersonen des Films erleben wir, wie diese Veränderung ihrer Umwelt, ihre Lebens-entwürfe und Gedanken immer mehr bestimmt. Zwischen Hoffen und Wut, Resignation und Zuversicht suchen sie eine Haltung zu dieser Bedrohung. Einige sehen sich gar gezwungen, einen Schlussstrich unter ihre bisherige Existenz zu ziehen und ein von Grund auf neues Leben zu beginnen, ein Leben im Ungewissen.
Die Geschichten aus den beiden Orten verbinden sich immer mehr zu einer einzigen Geschichte. Eine Geschichte von Menschen die recht bescheiden im Einklang mit der Natur gelebt haben und nun dafür bezahlen müssen, was die Industrienationen mit ihrem Raubbau an der Natur beschädigt haben. Die Protagonisten sind als erste und feinste Seismografen jenes Wandels erkennbar, der schon längst alle Menschen der Welt betrifft. In Deutschland merken wir es z.B. an den zunehmenden Überschwemmungen, den Bodenerosionen, den warmen Wintern und den kühleren Sommern…
„THULETUVALU“ startet am 13. August 2015 in den Kinos.
Ich hatte den Film für gestern in 3. Sat angekündigt; wie ich grade hörte, ist der Film überraschend aus dem Programm genommen worden, weil er erst in den Kinos laufen soll.
Die Weltpremiere war 2014 in der Schweiz. Der Film ist u.a. als bester int. Dokumentarfilm ausgezeichnet.