Der Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg, Ralf Beil, traut sich was; mit der neuen Ausstellung den eigenen Standort zu thematisieren und das in Zeiten der VW-Krise, ist gewagt, aber spannend: „Ob im Leben oder in der Kunst–zentral ist, dass wir mit Veränderungen bei uns selbst beginnen, in unserer unmittelbaren Umgebung.“ Jahrzehntelang ruhten die Wolfsburger auf
der wirtschaftlich sicheren VW-Wolke- das hat sich im Herbst 2015 drastisch geändert. Viele Woldfburger fürchten um ihre Existenz, hieß es in den Nachrichten. Nun diese Ausstellung „Wolfsburg Unlimited“, die ganz bewusst unternehmerische und kreative Energie, Verortung und Entgrenzung verbinden soll. Was ist eine Stadt? Was macht sie aus? Was kann sie sein? Diese Fragen hat Ralf Beil nicht nur sich, sondern auch einem Kreis internationaler Künstler und Künstlerinnen gestellt, um Deutungen und Metamorphosen Wolfsburgs zu erkunden. Sieben eigens für die Ausstellung entstandene Großprojekte spiegeln die Stadt im Museum und machen damit die „Stadt als Weltlabor“ erlebbar. Erstmals wird das gesamte Museum zum Ausstellungsort: vom Entrée über die Foyerflächen und Vermittlungsräume bis hin zum Japan-Garten. Bei Julian Rosefeldts Totalinstallation in der 16 Meter hohen Ausstellungshalle trifft Containerterminal auf Autokino–im Format 1:1. John Bock realisiert ein Materialfeld mit Filmeinschüssen zu Hans Scharoun und dessen
Wolfsburger Theater. Den Fotoinstallationen von Eva Leitolf und Peter Bialobrzeski steht ein Raumensemble von Rémy Markowitsch gegenüber. Ein Schwarz-Weiß-Mural von Didier Rittener sowie ein Klangfenster von Nevin
Aladag runden zusammen mit einem Karussell von Janet Cardiff und George Bures Miller den weitausgreifenden und vielgestaltigen Parcours zu Stadt, Werk, Welt und Museum ab. „Wolfsburg Unlimited“ geht es darum, die Geschichte(n) und (Un)Möglichkeiten dieser sehr besonderen Stadt auszuloten: Die markanten Raum-und Zeitachsen des 1938 als „Stadt des KdF-Wagens“ gegründeten Unternehmenssitzes mit Wohnanschluss werden untersucht–von der Gartenstadt der 1940er Jahre, den Agglomerationen und Trabantenstädten der 1960er und 1970er Jahre über die Fußgängerzone Porschestraße der 1970er und 1980er Jahre bis hin zur Eventcity mit Autostadt, Outlet Stores und phæno Science Center ab 2000.
und ihren Ergebnissen schöpferischen Experimentierens auf einer weiteren, ebenso zentralen Ebene mit „Ready-mades“ aus den Bereichen Film, Musik, Architektur, Kunst, Alltags-und Kulturgeschichte. Eine „Hall of Fame“ spannt mit markanten Objekt-Geschichten den Bogen der Historie Wolfsburgs von 10.000 vor Christus bis heute auf. Themenräume wie „Modell-Stadt-Wolfsburg“, „Museum König Nordhoff“ sowie „VW–Archäologie eines Mythos“ untersuchen die exemplarische Realität der Stadt, über die der Filmemacher Christian Petzold 2003 sagte: „In keiner Stadt habe ich die Geschichte der BRD derart verdichtet an der Peripherie vorgefunden. Geht es VW schlecht, geht es Deutschland schlecht. Gleichzeitig ist das ein Ort ungeheurer Modernität und Produktivität.“
Beitragsbild: Rauminstallation von Rémy Markowitsch, NUDNIK. Forgetting Josef Ganz 2016
Mitte: Entwurf für ein Josef Ganz Denkmal (1:2,15/Deutsche Legegans), Tierpräparat, Metall, Farbe, Audiotechnik, Mechanik, Holz, Höhe: 200 cm. Rechts: Psychomotoren
Tags: Wolfsburg unlimited - Die VW-Stadt als Weltlabor im Kunst Museum