Es ist still geworden auf den Äckern, in den Dörfern und nun auch in der Stadt. Dieses Jahr kamen weniger Hummeln vorbei und Bienen überhaupt nicht. Das Totalherbizid Glyphosat hat kontinuierlich ganze Arbeit geleistet und den Vögeln ihre Nahrung genommen, so wie es die Biologin Rachel Carson schon 1962 in ihrem Bestseller, „Der stumme Frühling“, prophezeite. Carson warnte damals vor dem Einsatz von Pestiziden, woraufhin DDT verboten wurde. Irgendwie erscheint es paradox, dass heute das gleiche Problem mit Glyphosat wieder hoch kocht, und Politiker immer noch überlegen, verhandeln und debattieren, ob sie diesen gesundheitsschädlichen Plattmacher weiter zulassen oder nicht.
Der Countdown läuft, bis zum 15. Dezember 2017 muss über die weitere Zulassung der „Giftspritze“ entschieden werden, denn dann läuft die Zulassung aus. Die EU-Kommission ist drauf und dran das möglicherweise krebserregende Pestizid für weitere zehn Jahre durch zu winken. Das Parlament ist deutlich kritischer und auch bei den einzelnen Mitgliedsstaaten wackelt die Mehrheit. In Brüssel werden nun die Weichen gestellt für singende Vögel oder „lautes“ Schweigen. Eine Alternative wäre Biolandbau und man verzichtet auf Glyphosat.
Die Organisation Slow Food fordert die EU-Regierungen auf, die Zulassung abzulehnen und Glyphosat zu verbieten. Anderenfalls würden sie gegen die öffentliche Meinung verstoßen und die erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative „Stop Glyphosat” missachten. Das „Stop Glyphosat”-Bündnis hat 28 europäischen Nationalbehörden am 3. Juli offiziell die Ergebnisse der Europäischen Bürgerinitiative (EBI): „Stop Glyphosat” vorgestellt, 1.070.865 Unterschriften gegen Glyphosat.
„Glyphosat wird viel zu oft und zu umfangreich versprüht – etwa um die Ernte zu synchronisieren“, gibt sogar DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ) zum Besten. Doch im gleichen Atemzug plädiert er für eine Verlängerung der Zulassungsverordnung, obwohl sich der Einsatz in Europa vermutlich um die Hälfte reduzieren ließe, so Bartmer.
Slow Food Gründer Carlo Petrini ist besorg: „Es ist wissenschaftlich belegt, 45% des europäischen Ackerlandes enthält Spuren von Glyphosat. Wind und Regen verbreiten die giftigen Substanzen in die Umwelt und ins Grundwasser, so dass die natürlichen Abwehrkräfte von Pflanzen, Pilzen und Bodenorganismen beschädigt werden. Die Substanz besteht im Boden und letzten Endes auch in unserem Körper fort. Unsere Rechte werden nach wie vor den Interessen der multinationalen Konzerne der Agrarindustrie untergeordnet. Produktion ohne den Einsatz von Glyphosat ist bereits Realität, man bezeichnet es als Agroökologie*.“
Hobbygärtner sollen glyphosathaltige Mittel ab Mitte Dezember nicht mehr einsetzen dürfen, auch in der Nähe von Spielplätzen und öffentlichen Parks soll es verboten werden. Und in der Landwirtschaft soll es nur angewendet werden, wo keine Alternative möglich ist, sagt Martin Häusling: „Klar ist: Das Parlament setzt ein deutlich kritischeres Signal als die Mitgliedsländer.“
* Agroökologie basiert auf dem Erhalt und dem nachhaltigen Umgang mit landwirtschaftlichen Ressourcen durch Teilhabe, traditionelles Know-How und Anpassung an örtliche Gegebenheiten. Die wissenschaftliche Verwendung des Begriffs Agroökologie geht auf die 1970er Jahre zurück, aber viele ihrer Lösungsansätze wurden im Laufe der Geschichte von den ländlichen Gemeinschaften auf der ganzen Welt angewendet. Mit der Verbreitung der so genannten Grünen Revolution wurde dieser uralte Wissensfundus vergessen oder systematisch über Bord geworfen. Die Grüne Revolution führte ein Landwirtschaftsmodell ein, das auf einem hohen Grad an energiereichen externen Inputs beruht, wie dem großflächigen Einsatz von synthetisch hergestellten Agrarchemikalien und leistungsstarken Landwirtschaftsmaschinen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.
On 20 November, the ENVI committee in association with the PETI, ITRE and AGRI and Committees will hold a hearing on the European Citizens‘ Initiative “Ban glyphosate and protect people and the environment from toxic pesticides”. The initiative collected over 1 million signatures calling for a ban on glyphosate, a reform of the pesticide approval procedure, and EU-wide mandatory reduction targets for pesticide use.
Sehr informativ dazu dieser Link vom Deutschlandfunk: Glyphosat, Wundermittel oder Krebsgefahr
Das Beitragsbild ist von SlowFood
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