Thomas Herbst ist ein Geheimtipp! Er ist Hamburgs ‚grüner‘ Impressionist. Der erste Hamburger Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark erkannte seine Begabung schon 1889. Er beauftragte den Künstler Hamburger Ansichten festzuhalten. Max Liebermann sein bester Freund, schätzte ihn als Mensch und Lehrer. Doch ohne das Engagement seiner „Liebhaber“, der Gesellschaft der Freunde Thomas Herbsts*, wäre der Maler wohl total in Vergessenheit geraten. Dabei sind die Werke des talentierten Künstlers zeitlos und gerade jetzt wieder hochaktuell. Mit Vorliebe widmete sich Herbst der Natur und dem Landleben. Sehr zur Belustigung der Bauernkinder und Mägde jagte er auf Motivsuche oft im Frack über die Wiesen in den Elbtalauen. Sein Malerfreund Arthur Illies lichtete ihn bei dieser Gelegenheit 1894 einmal ab. Später gab Illies seine Erlebnisse mit seinem Kollegen unter Freunden zum Besten: „Da er viel zu Gesellschaften eingeladen wird, hat er ältere Frackanzüge, die er nun beim Malen aufträgt. Hinten steckt ein Pinselvorrat, und vorne auf der Brust streicht er die Pinsel aus, so daß seine Vorderansicht genauso mit Farbe verkrustet ist wie seine Palette. So sieht man ihn mit seinem roten Bart, fliegenden Rockschößen und einem dreibeinigen Feldstuhl zur Freude der Milchmädchen hinter den Kühen rumsausen.“ Thomas Herbst störte das nicht. Im Gegenteil, modern wie er war, folgte er damit der Paysage intime und holte sich seine Motive plein air, aus der freien Natur. Thomas Herbst folgte damit den Impulsen von Eugène Delacroix und Camille Corot, Anhängern der Schule von Barbizon, die er während seiner Studien 1876 in Paris kennenlernte. Er fertigte detailierte Skizzen und Teilausschnitte von seinen Motiven und setzte diese dann in seinem Atelier zu großartigen Gemälden zusammen. Je älter er wurde, umso mutiger wurde er auch. Seine Bilder wurden ganz entgegen der damals üblichen Malerei immer heller und farbintensiver. Bald war er bekannt für seine vielen verschiedenen Grüntöne. Sie waren seine Spezialität, genauso wie seine Lieblingsmodelle: Kühe. Für Thomas Herbst war seine Malerei das Wichtigste, deswegen blieb er auch unverheiratet. Er war der Meinung, als Maler hätte man keine Zeit sich um eine Familie mit all ihren Verpflichtungen zu kümmern. Er hegte aber eine Vorliebe für große blonde Frauen. Deswegen ging er besonders gerne zum Cafe Felber am Steindamm. Dort traf sich der Künstler bevorzugt mit seinen Maler-Kollegen und auf dem Weg dahin, so schrieb er, begegnete er vielen blonden Frauen. Sein Tagebuch war voll von Geschichten über sie. Er war gewiß kein Kostverächter und Gelegenheiten boten sich genug. Ob als Lehrer in seinen Kunstklassen oder während der vielen Abendeinladungen in die Hamburger Gesellschaft, die er gerne annahm wegen der guten Mahlzeiten. So gute Speisen konnte er sich sonst nicht leisten. Der Künstler lebte eher bescheiden und zurückgezogen. Außer seinen Malerfreunden ließ er nie jemanden in sein Atelier. Er stellte auch nicht großartig aus. So kam es wohl, dass Hamburgs einzigartiger Impressionist kein Star wurde.
Ab 1900 soll Thomas Herbst sogar gar nicht mehr ausgestellt haben. Er hatte einfach keine Lust auf Diskussionen und er war extrem selbstkritisch, heißt es. Von den über 1000 Bildern die er gemalt hat, hat er auch nur ganz wenige signiert; die, die ihm gefielen, und die, die er dazu noch auf Leinwand gemalt hatte. Alle anderen, die Studien, Skizzen und Ölmalereien auf Karton nahm er nicht ernst. Er faltete sie nach Gebrauch zusammen und benutzte sie als Sitzgelegenheit. Herbst lebte in kleinen Verhältnissen, unter einem Dach mit seinen Schwestern in Hamburg Borgfelde, bis er 1915 mit 67 Jahren plötzlich starb. Vor nun 100 Jahren, ein guter Anlass erneut an den herausragenden Hamburger zu erinnern. Das Jenisch Haus zeigt aus diesem Anlass in einer umfangreichen Ausstellung, die in Kooperation mit der Gesellschaft der Freunde Thomas Herbst e.V. erarbeitet wurde, neben seinen wichtigsten Arbeiten zahlreiche bisher nur selten öffentlich gezeigte Werke seines Oeuvres. Der schöne Rahmen des ehemaligen Landsitzes des Hamburger Senators Martin Johan von Jenisch hätte dem Ästhetiker gut gefallen. Dort, im 2. Stock, im Dachgeschoss hängen die Kleinode an geschmackvoll gefärbten blauen Wänden und zieren diese ganz außerordentlich.
Bis zum 1. November ist die Auststellung im Jenisch Haus noch zu sehen. Thomas Herbst, „Liebermanns Freund und Lichtwarts Hoffnung“ ein echter Geheimtipp!
*Gesellschaft der Freunde Thomas Herbsts: Anfang 2008 in HH wieder ins Leben gerufen von Prof. Christoph H. Seibt von Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, der die Kunsthistoriker Dr. Ulrich Luckhardt u. Prof. Dr. Bernd Küster, den Galeristen Rainer Herold, Unternehmer wie Jan Ahlers, Dr. Andreas Odefey u. Bernhard Reemtsma sowie den Notar Dr. Till Kleinstück zusammen brachte.
Tags: Hamburger Impressionist Jenisch Haus Kunst Thomas Herbst