Pottwale sind die größten Wale mit Zähnen. Sie können bis zu 70 Jahre alt werden und leben gerne im Verbund. Nach der Paarungszeit machen sich die potenten Jungbullen auf und verlassen ihre Familien für einen „fetten Single-Urlaub“ unter Kerlen. Ihre Ziele sind die gut gedeckten Fisch-Buffets nördlich von Skandinavien, sie folgen dem warmen Golfstrom dahin. Wenn sie sich unterwegs beim „Naschen“ verirren und in den seichteren Gewässern der Nordsee landen, dann ist das ihr Ende, sagt Walforscher Günther Behrmann in Buten un Binnen am 13.1.. „Wenn sie stranden erdrücken sie sich quasi mit ihrem Gewicht selbst. Eine Chance aus den seichten, von Ebbe und Flut bestimmten Gewässern zu entfliehen haben sie nicht.“ Das sei aber immer mal wieder passiert und kein Grund zur Beunruhigung, weil sich die Bestände mittlerweile ganz gut erholt hätten.
Seit Anfang Januar schubst das Meer sie an der Nordseeküste an Land; erst etwa 11 Pottwale in den Niederlanden und in Niedersachsen, vier Wochen später nun eine neue Herde mit 16 jüngeren und älteren Walbullen bei Büsum. Eine traurige Bilanz findet auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Dr. Robert Habeck: „So viele Strandungen von Pottwalen gab es hier noch nie,“ sagte Habeck am 3.Februar. Der Minister wollte sich vor Ort ein Bild von der Lage machen und sich über das Bergungskonzept informieren. Das sei sei eine besondere Herausforderung und eine beachtliche logistische Leistung für die Kollegen vom LKN, den Landesbetrieb für Küstenschutz, meinte er. Rund 20 Mitarbeiter des LKN waren vor Ort, um die bis zu 15 Tonnen schweren und bis zu 20 Meter langen Tiere mit Hilfe zweier Raupenfahrzeuge und eines Baggers zu bergen. Ein Schlepper blieb in dem matschigen Untergrund eine Weile stecken. Beachtlich sind sicher auch die Kosten. Das Land Niedersachsen soll 80.000,00 € Bergungskosten für die zwei gestrandeten Wale von Wangerooge bezahlt haben.
Liegen lassen kann man sich aus diversen Gründen auch nicht. Auf Wangerooge ging es u.a. um die touristischen Belange. Außerdem gelte für die Wale seit 1972 das Artenschutzabkommen. Das gilt auch wenn die Tiere tot sind. Da sind die feinen Elfenbeinzähne möglicherweise eine begehrte Trophäe. Die Unterkiefer mit den Elfenbeinzähnen wurden bei der Bergung vorsorglich abgetrennt, um derartigen Diebstahl zu verhindern. Die jungen männlichen Tiere wurden während des Niedrigwassers von zwei Raupen an Land vor den Deich vor Kaiser-Wilhelm-Koog gezogen.
„Es ist mehr als berührend, diese großen, beeindruckenden Meeressäuger hier tot liegen zu sehen. Es ist einfach nur ein trauriger Anblick“, sagte Habeck.
Die genaue Ursache für die Strandungen in so großer Zahl ist bislang nicht geklärt. Das Land lässt alle Pottwale von der tierärztlichen Hochschule Hannover untersuchen, um unter anderem mehr über die Wale herauszufinden – etwa das Alter, etwaige Krankheiten und Ort der letzten Nahrungsaufnahme. Die Mitarbeiter der tierärztlichen Hochschule nahmen dafür am Mittwoch zahlreiche Gewebeproben der gestrandeten männlichen Wale. Mit dabei war auch die Walspezialistin der Uni Hannover, Prof. Ursula Siebert, die einen Tod durch Nahrungsmangel bereits ausschloß: „Verhungert sind die Tiere nicht, das konnten wir bis jetzt ihrem Mageninhalt entnehmen. Die Tiere hatten viel Nahrung vom Nordatlantik in ihren Verdauungstrakten.“
Pottwale sind über das Washingtoner Artenschutzabkommen streng geschützt, weltweit ist der Handel mit den Tieren und den erkennbar aus ihnen gewonnenen Teilen verboten. Die Nutzung für Öffentlichkeitsarbeit, Bildung und Forschung kann von den offiziellen Stellen genehmigt werden.Verschiedene Museen, Institute und Forschungseinrichtungen haben bei der Nationalparkverwaltung Interesse an den Skeletten der Wale bekundet. Die Anfragen werden derzeit von Nationalparkverwaltung geprüft. Die Kadaver der Tiere werden in der Tierkörperverwertung beseitigt.
Fotos: Nicola Kabel / MELUR
Tags: Pottwal-Strandung