Alle halten den Löffel in die „Suppe“, doch wer löffelt sie aus? Das „System“ Landwirtschaft steckt in einer tiefen Krise: Höfe sterben, jetzt sogar schon trotz Massenproduktion. Die Landwirte können ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen. Nicht nur die Milchbauern, alle Landwirte sind verzweifelt wegen der niedrigen Preise, und über all dem schwebt die Diskussion um TTIP. Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin von UnternehmensGrün, hält TTIP für verkehrt: „Europäische Agrar-Unternehmen sind durch einen größeren Anteil bäuerlicher Familienbetriebe und kleinere Betriebsgrößen strukturell anders aufgestellt als die amerikanischen Betriebe – und damit nach strengen marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten unterlegen“. Auch Prinz Löwenstein, Vorsitzender des BÖLW*, warnte auf der IGW vor den Folgen:“Profiteure von TTIP sind die USA, da Handelshemmnisse abgebaut werden. Geklonte Tiere, Gentechnik, Eier aus Legebatterien, Tiere aus Kastenhaltung usw kämen ungehindert ins Land, die Wettbewerbsbedingungen würden verzerrt. TTIP wäre der Todesstoß für die bäuerliche Landwirtschaft!“
Christoff Minhoff vom BVE* fordert die Förderung der mittelständischer Betriebe und faire Wettbewerbsbedingungen. Joachim Rukwied, Präsident des DBV*, hält einen Stopp der Russland Sanktionen für unabdingbar, um den Markt zu stabilisieren. Berlins Bürgermeister, Michael Müller, appelliert an Erzeuger und Verbraucher mit ihrem Verhalten zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt betonte beim Eröffnungs-rundgang, dass es angesichts niedriger Preise auch um ein größeres Verständnis dafür gehe, dass Regionalität, Tierwohl und nachhaltige Produktion ihren Preis hätten. Die grüne Woche ist einzigartig, seit 90 Jahren die weltweit größte Ausstellung rund um die Landwirtschaft. Mit Neuigkeiten wie dem ‚grünen Büro‘ mit
Tastaturen und Mäusen aus Holz, Michelle Hunziker die den schweizer Käse noch runder präsentierte als er eh schon ist, Nüssen aus Afghanistan, Leckereien aus der Ukraine, Honig aus Deutschland, bulgarische, rumänische, thailändische und indische Spezialitäten und die Nutztiere.
Dieses Jahr waren ausgesuchte Angusrinder und Simmentaler Fleckvieh die angesagten Favoriten. Den puscheligen Simmentalern hat man die Hörner weg gezüchtet, erkennbar an dem P über dem Namen. Weg züchten, abschneiden, überzüchten u.a.m., sind Auswüchse der Industrialisierung der Landwirtschaft. Dagegen und gegen die Massentierhaltung protestierten auch dieses Jahr wieder die Tierschützer vom Deutschen Tierschutzbüro e.V.. Bei den Kühen hielt der Minister mit seiner Entourage nicht an. Er ließ es vorsichtig bei den Bienen und den Fischen bewenden, und probierte genüsslich das bayrische Bier. Das feiert 2016 sein 500 jähriges Bestehen mit Reinheitsgebot und präsentiert sich so auch stolz auf der IGW*. Die grüne Woche ist wie eine Reise zu Alice im Wunderland, es gibt vieles zu entdecken…
Manch einer hat sich vielleicht schon öfter gefragt was die Herstellung der Produkte uns eigentlich wirklich kostet. Der Verbraucher sieht ja nur den Preis beim Kauf, die zu reparierenden Umweltschäden, die Subventionen etc., sieht er nicht. Die ehemalige Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, sprach sich deutlich für mehr Transparenz bei den Produkten aus: „Wir brauchen eine technische Nachverfolgbarkeit von Lebensmitteln. Verbraucher haben das Recht zu wissen was in ihren Lebensmitteln drin ist“. Die Biobranche stellte auf einer Pressekonferenz ihre neue Kampagne vor: „Was unser Essen wirklich kostet“, eine Initiative für den Verbraucher. Das Ergebnis wird viele erschrecken und hoffentlich auch aufrütteln, denn wenn sich nichts ändert, dann haben wir in 10 Jahren, vermutlich sogar schon eher , die ganzen kleineren Höfe verloren.
Auf dem BÖLW Empfang am Abend wies Dr. Löwenstein noch einmal auf die schädlichen Folgen der industriellen Landwirtschaft hin. Der Teller sei nun voll und kurz vorm Überlaufen.
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt konterte mit einer Bemerkung zu dem Buch des Prinzen über die Landwirtschaft: „Ich habe ihr Buch gelesen, finde einiges auch gut, aber nicht alles.“ Der Minister wolle nun immerhin 20% ökologische Landwirtschaft in Deutschland anstreben. Der Europa Abgeordnete Martin Häusling brachte die Situtation dann deutlich auf den Punkt: „Wir brauchen keine 20 % ökolpgischen Landbau, wir brauchen ihn zu 100 % und einen sofortigen Stopp der konventionellen Landwirtschaft mitBestandsobergrnzen, denn wenn wir das nicht machen, dann riskieren wir weitere Klimaprobleme.“ Bei dem reichhaltigen Buffet wurden die Informationen der Grünen Woche noch einmal genüßtlich bei „Herz & Niere“ geprüft. Das junge Catering Team hat Ende letzten Jahres in Berlin ein Restaurant eröffnet in dem sie nur ganze Tiere verwerten, von Herz zu Niere eben.
Link: Herz & Niere
Beitragsfoto v.l.: Christoff Minhoff, GF der BVE; Michael Müller, Bürgermeister von Berlin; Joachim Rukwied, Präsident des DBV und Christian Schmidt, Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung
*BÖLW: Bund für ökologische Landwirtschaft
*BVE: Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie
*DBV: Deutscher Bauernverband
*IGW: Internationale grüne Woche
*IFOAM Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen
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