Nah an der schweizer Grenze liegt ein Traum für Milchkühe. Der Gasswies Hof, im baden-württembergischen Klettgau gelegen, erlaubt seinen 49 behornten Kühen vom Frühjahr bis in den Herbst nicht nur den erfrischenden Weidegang, nein, hier dürfen die Kälber auch bei ihren Müttern sein – so wie es die Natur vorgesehen hat. Das wird heute häufig völlig vergessen, die Milch ist für die Kälber gedacht und eigentlich nicht für die Menschen. Deswegen ist die Milch auch so gehaltvoll. In Deutschland wird der Fettgehalt der Milch in der Molkerei meist auf 1,5 oder 3,5 % eingestellt. Bei roher Kuhmilch liegt er sogar bei etwa 3,7 % , dazu kommt noch der Milchzucker. Wer also abnehmen möchte, der verzichtet besser mal auf die Milch im Kaffee. Selbst die fettarme Variante versteckt in 200 Millilitern Milch so um die 10 Gramm Milchzucker, plus 3 Gramm Fett. Das sind mehr Kalorien als in der gleichen Menge Coca Cola enthalten sind, beschreibt es Kollege Schwäger in der neuen Geo Wissen: Die Milch macht’s.
Auf Hof Gasswiess dürfen die Kälber nach dem melken ran an ihre Mutterkühe. Man spicht von muttergebundener Kälberaufzucht, wie sie Martin Ott in seinem Buch Kühe verstehen auch beschreibt. Das ist das Beste was ihnen passieren kann, nicht nur für Ihr Sozialverhalten, auch für Ihre Gesundheit. Sie brauchen keine, oder kaum Antibiotika und sind insgesamt widerstandsfähiger. Die Milch ist für die Kälber wertvoll, in Cent gar nicht zu messen! Sie würden alles dafür geben. Der Bayrische Rundfunk hat es beschrieben, wie die muttergebundene Kälberhaltung bei den Rutschmanns funktioniert:
https://www.youtube.com/watch?v=AADvvroE0AU&index=2&list=PLP4hePAK6Tv6zSyZ64dgN-Jl1mqg9gOM9
Die Rutschmanns haben das verstanden. Das sympathische Betriebsleiterehepaar Alfred Rutschmann, auch „Fredi“ . genannt und seine Silvia führen den Betrieb als Duo seit 1998, damals haben sie den Hof von Fredis Vater übernommen und den Hof von konventioneller Landwirtschaft auf Bioland umgestellt. Für das Landwirtehepaar ist der Ökolandbau vielmehr als „nicht zu düngen und zu spritzen“. Besonders bei der Tierhaltung haben sie eine ganz klare
Leitlinie: „Es kann nicht sein, dass die Kuh sich dem Haltungssystem anpasst, es muss umgekehrt sein. Das ist ein langsamer Prozess“, erklärt Silvia Rutschmann. „Inzwischen haben wir fast nur noch Kühe mit Hörnern, aber auch einen Investitionsstau von etwa 300.000,- €.“ Als sie den Hof übernahmen war der Stall auf hornlose Kühe ausgerichtet. So mussten sie die Fressgitter ersetzen. Aber die Melkanlage ist noch völlig veraltet und müsste dringend ersetzt werden, war aber nie genug Geld da. Egal, dafür sind die Rutschmanns und ihre Kühe zufrieden. Greenpeace: Slow milk.
Immer im April, Mai darf der Hof-Stier sich an den braun-bunten Fleckviehdamen verlustieren. Sie werden also per Natursprung besamt. Das ist meistens viel unkomplizierter als die künstliche Besamung; vermutlich macht es den Kühen auch mehr Spaß. Es heißt, ein Stier sorgt für Ordnung in einer Herde, die Kühe zicken nicht so. Dieses Jahr dürfen auch die Bullenkälber zum Stier werden. Nachdem bei der Kastration durch den Veterinär 2015 zwei Kälber gestorben sind, wollen die Rutschmanns dieses Risiko künftig vermeiden. Sie mästen nun eben kleine Stiere statt kleine Ochsen. Auf Hof Gasswiess dürfen übrigens alle Kälber auf dem Hof bleiben, egal ob Mädchen oder Junge. Mit ihren leiblichen Müttern können sie drei Monate kuscheln, dann werden sie behutsam an eine Trennung gewöhnt, aber nur, weil sie dann von ihren Müttern zu den Ammen- Kühen auf die Weide kommen. Mit zwei Jahren werden sie dann vermarktet. Das geht ganz gut, denn die Fleckviehrinder der Rutschmanns gehören zu einer Zweinutzungsrinderrasse. Das heißt, die Kälber setzen genug Fleisch an. Die Tiere sind keine reinen Milchproduzenten. Seit über 10 Jahren wirtschaften die Rutschmanns mit der muttergebundenen Kälberhaltung, die nur mit Patenschaften funktioniert. Wer den Betrieb in Sachen Tier- und Landschaftsschutz unterstützen möchte, kann eine Baum- oder Kuhpatenschaft übernehmen: www.hof-gasswies.de/patenschaften.
Ein Besuch lohnt sich immer. Slvia Rutschmann ist nicht nur fit in Sachen Kuh, die gelernte Landschaftsarchitektin hat auch ein Auge für die Schönheit der Natur und vermittelt diese gerne immer wieder an Besuchergruppen. Am Rande des Südschwarzwalds findet man bei den Rutschmanns betriebliche Vielfalt statt Monokulturen. Die Milchkühe sind das Herzstück des Demonstrationsbetriebes. Zusammen mit den Mastrindern und dem Jungvieh grasen sie den ganzen Sommer auf nahe gelegenen Wiesen und Weiden. An den sonnigen Südhängen reifen Kirschen, Birnen, Äpfel, Zwetschgen und Mirabellen. Auf den Äckern werden Brotgetreide, Zuckerrüben und Eiweißpflanzen angebaut sowie regional angepasstes Saatgut gezüchtet und vermehrt. Für ihr Betriebskonzept wurden die Rutschmanns mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet.
Kuh+Du in Berlin hat eine Karte zusammengestellt mit allen Höfen die ihre Kälber so aufziehen:
Alle nicht gekennzeichneten Fotos und auch das Beitragsfoto sind vom Hof Gasswies.
Tags: Greenpeace: slow Milk Hof Gasswies muttergundene Kälberhaltung