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Es war die Blumenkinderzeit. Sarah Moon studierte Kunst in Paris und modelte, bis sie gebeten wurde einen Fotografen zu ersetzen der ausgefallen war. Knapp über Mitte zwanzig springt sie vom Laufsteg hinter die Kamera und bleibt. 1968 fotografiert Sie ihre erste Kampagne für Cacharel und fällt positiv auf. Nun entwirft sie auch Kampagnen und plant Fotostrecken für Häuser wie Dior, Chanel, Comme des Garçons, Issey Miyake und Valentino. Es entstanden ihre narrativen Fotos, die beim Betrachter unwillkürlich ein Augenzwinkern hervorrufen. Die wechselnden Techniken adaptiert sie flexibel, aber sie passt sich nie der neuen Technik an, eher nutzt sie diese nur wieder für einen „Flirt mit dem Betrachter“. Sarah Moon ist eben auch ganz Französin. Bis heute ist sie nur ein echter Polaroid – Fan, sagt sie. Sie spielt mit der Mode und den Posen bis sie zufrieden ist und abdrückt. Alle Modefotos knipst sie im Studio. 1972 darf sie sogar als erste Frau für den begehrten Pirelli-Kalender fotografieren.
Frauen mit langem Haar fotografierte sie nie, weil sie den Blick auf den Hals ganz brauche, erzählt man in den Deichtorhallen, für die Darstellung der Anmut. Mit den vielen schönen Rückenansichten focussiert die Künstlerin auf die Form, nicht auf das Model.
Mitte der 80iger Jahre, nach dem Tod ihres langjährigen Assistenten und Mentors Mike Yavel, beendet Moon ihre Zusammenarbeit mit Cacharel. Sie lässt auch die intensive Modefotografie eher links liegen, wendet sich von der komerziellen Arbeit ab und erfindet sich noch einmal neu. Ihre Aufnahmen werden minimalistischer und zeigen Frauen voller Anmut und Eleganz. Nun beginnt sie die graden Linien aufzulösen, nimmt mehr und mehr die Bildschärfe zurück und lässt Zeit und Raum verschwimmen. “Sarah Moon verunsichert den Bildbetrachter”, erklären die beiden Kuratoren Ingo Taubhorn und Brigitte Woischnik im Vorfeld. “Sie wirft ihn aus dem Raum der geordneten Identität heraus in die Zeit des Zwiespalts und der chaotischen Differenz.” Moon wird zur Mood-Fotografin.
Die Fotografin beginnt mehr zu filmen und Geschichten zu erzählen, wie die von dem kleinen, armen Mädchen aus einem Märchen von Hans-Christan Anderson. Die Kleine versucht vergeblich am Weihnachtsabend Schwefelhölzer auf der Strasse zu verkaufen. Moon verbindet diese Erzählung mit dem Niedergang eines Zirkus. Sie drehte Kurz- und Dokumentarfilme frei nach Lust und Laune, etwa über ihren Freund Henri Cartier-Bresson und über Lillian Bassman und schafft damit ein eigenes fotografisches und filmisches Werk, völlig unabhängig von Auftragsarbeiten. In Hamburg hat sie den Hafen fotografiert. Der gefällt ihr besonders gut und dahin will sie immer mal wieder zurückkehren.
Im Haus der Fotografie sind nun auch diese „künstlerischen Fußabdrücke“ der Fotografin zu sehen. Mit rund 350 Fotografien und fünf Filmen widmet sich die Ausstellung, dem Gesamtwerk der Modefotografin Sarah Moon, die vor allem durch ihre Werbeaufnahmen für Cacharel und andere namhafte Modelabel bekannt wurde. Eine Retrospektive in der Größe, wie sie die Deichtorhallen nun präsentieren, ist bisher weltweit einzigartig.
Sarah Moon Retrospektive „Now and then“ in den Deichtorhallen vom 27. November 2015 bis 21. Februar 2016
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