PM PETA / Stuttgart, 9. Oktober 2016
Der Tierrechtsorganisation PETA liegt aktuelles Bildmaterial aus Schweinemast- und Schweinezuchtbetrieben von drei CDU-Bundestagsabgeordneten vor. Die Videoaufnahmen zeigen erhebliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz: zahlreiche mit Kot verunreinigte, verwundete Tiere, Schweine mit blutig gebissenen Schwänzen, Lähmungen und anderen Krankheitssymptomen. In sogenannten Kastenständen befinden sich Sauen, die sich kaum bewegen können. Zudem fanden die Ermittler eine Kühltruhe voller toter Tiere vor.
PETA hat nun Strafanzeige gegen die Tierhalter und Agrarlobbyisten Johannes Röring, Franz-Josef Holzenkamp und Josef Rief erstattet. „Wenn Tierhalter in die Politik gehen, um Gesetze für sich selbst zu zimmern, braucht sich niemand über solche Bilder zu wundern“, so Dr. Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung bei PETA. „Dieser offensichtliche Interessenkonflikt geschieht auf Kosten der Tiere.“ Alle drei Angezeigten gehören dem Ausschuss Ernährung und
Landwirtschaft des Deutschen Bundestages an, der unter anderem über Gesetzesentwürfe im Bereich Tierschutz berät. Das Eigeninteresse der Abgeordneten als Unternehmer trifft hier auf Aufgaben und Pflichten ihres politischen Amtes, eines Amtesd für das Allgemeinwohl. So standen die Funktionäre strengeren tierschutzrechtlichen Bestimmungen stets kritisch gegenüber, Röring ist als Mitbegründer der „Initiative Tierwohl“ sogar einer der Hauptlobbyisten für nicht verbindliche Regelungen in der Tierhaltung.
Kranke, verletzte und tote Tiere in Ställen von Bauernfunktionären
Johannes Röring ist Schweinehalter und Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands sowie Vorsitzender des Fachausschusses Schweinefleisch im Deutschen Bauernverband. Die aktuellen Bilder von PETA
bestätigen Aufnahmen aus dem Jahr 2015 aus den Ställen des CDU-Politikers, die erst kürzlich veröffentlicht wurden. Tiere, die kaum laufen können und im so genannten Hundesitz (der unter anderem ein Anzeichen für schlechtes Stallklima sein kann) verweilen. Tiere mit hochgradigen Augenentzündungen, sowie verletzte und mit Kratzern übersäte Tiere. Die Schweine fristen ihr Dasein auf kotverschmierten Spaltenböden aus Beton. In einem Mittelgang fanden die Ermittler darüber hinaus auch ein totes Schwein, das einfach dort liegen gelassen wurde.
Ähnliche Missstände herrschen in einem Betrieb in Garthe, der Franz-Josef Holzenkamp gehört: Tote Tiere auf den Gängen, verwundete Schweine auf Betonspaltenböden. Holzenkamp ist Mitglied des Landwirtschaftsausschusses des Bundestags und des QS-Prüfsystems, das die Qualität von Tierhaltung und Lebensmitteln sichern soll. Er selbst beteuert, dass hohe Tierschutzstandards im Interesse der Branche liegen.
Auch Josef Rief ist als Schweinehalter tätig, seine Zucht betreibt er in Kirchberg an der Iller, Baden-Württemberg. In der Vergangenheit war er etwa im Bauernverband in Biberach tätig. Rief ist stellvertretendes Mitglied im Ausschuss Ernährung und Landwirtschaft. Rief spricht sich gegen strengere Regeln für Tierhalter aus. Die Aufnahmen von PETA zeigen auch warum: Ein Teil seiner Schweine ist mit Wunden übersät, einige Tiere hecheln und die Kühlbox für Kadaver ist gut gefüllt. PETA hat bei den zuständigen Staatsanwaltschaften in Münster, Oldenburg und Ravensburg Strafanzeige gegen alle drei Betriebe erstattet.
Staatlich finanziertes Tierleid
Jeder Bundestagsabgeordnete erhält monatlich einen festen Betrag vom Steuerzahler, die sogenannte Abgeordnetenentschädigung. Diese lag im Herbst 2016 bei 9.327,21 Euro und soll laut Grundgesetz ihre „Unabhängigkeit sichern“. Aufgrund der Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter muss aber kein Landwirt seinen Betrieb aufgeben. Die Parlamentarier haben ein Recht auf Nebeneinkünfte, die jedoch angegeben werden müssen. Nach Informationen von abgeordnetenwatch.de befanden sich im Zeitraum 2013 bis 2016 ausschließlich Landwirte in den Top 3 der besten Nebenverdiener, darunter zwei Tierhalter. Röring kam mit Einkünften zwischen 1,2 und 1,4 Millionen Euro auf Platz 2. Für Rief reichte es immerhin für Platz 15 (zwischen 255.000 und 470.000 Euro); Holzenkamp belegte den 25. Platz (zwischen 190.500 und 436.500 Euro).
Teil dieser Einkünfte waren EU-Subventionen, die direkt aus Steuergeldern finanziert werden. So erhielt die Röring Landwirtschafts GbR laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung allein im Jahr 2015 über 32.000 Euro an Subventionen, darunter fast 30.000 Euro Direktzahlungen aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL). Dieser soll „einen wichtigen Beitrag zur Einkommenssicherung und Risikoabsicherung der landwirtschaftlichen Betriebe“ leisten und „als finanzieller Ausgleich für die weit höheren Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutzstandards“ dienen. 2014 erhielt Johannes Röring Direktzahlungen in Höhe von über 22.600 Euro. Auch Josef Rief erhielt 2015 mehr als 15.000 Euro an EU-Subventionen, davon über 12.000 Euro EGFL Direktzahlungen.
Die gesellschaftliche Debatte um die Zustände in den sogenannten Nutztierhaltungsanlagen entflammt immer wieder von neuem. Verletzte Tiere, Schweine und Puten, die nicht mehr, oder kaum noch laufen können, Kadavertonnen voller toter Tiere – mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit erschüttern diese Bilder aus deutschen Anlagen die Verbraucher. Die Industrie und Lobbyvertreter sprechen dennoch gerne von Einzelfällen, wenigen Ausnahmen oder einem nicht repräsentativen Bild. Nun beweist die neue PETA-Recherche, dass sogar Agrarlobbyisten, die Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU sind, zu solchen „Einzelfällen“ zählen.
Diese Geschichte, angeschubst von Animal Rights Watch, wird für die Politiker zum medialen Rundumschlag, Links: Panorama und SZ 22.9.16, Spiegel, die schwäbische, die Tagesschau…
11.10.2016 Landgericht Hamburg erlässt einstweilige Verfügung gegen NDR/Panorama
Wie der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) gestern mitteilte, hat das Landgericht Hamburg am 11. Oktober 2016 durch eine einstweilige Verfügung gegen den NDR entschieden, dass der Sender die unrechtmäßig auf dem Betrieb von Johannes Röring, WLV-Präsident, gemachten Bilder und Videos nicht weiter verbreiten darf.
Der NDR hatte in der Sendung „Panorama“ vom 22. September 2016 Videoaufnahmen aus einem Stall der Familie Röring gezeigt, die Tierrechtsaktivisten von ARIWA in rechtswidriger Weise aufgenommen hatten. Johannes Röring hatte den Unterlassungsantrag darauf gestützt, dass auf seinem Betrieb keine Tierschutzverstöße festzustellen sind und dies durch eine eidesstattliche Erklärung des Hoftierarztes belegt. Diesem Antrag hat das Landgericht Hamburg vollumfänglich stattgegeben.
Beitragsfoto zeigt: 2016 totes Schwein in einem Stall von F.-J. Holzenkamp ⒸPETA-D.jpg
Tags: Peta klagt Abgeordnete wegen Verstoß gegen das Tierschutzrecht an Strafanzeige gegen Franz-Josef Holzenkamp Strafanzeige gegen Johannes Röring Strafanzeige gegen Josef Rief