Eine kleine Bürstenmassage ist Wellness pur im Kuhstall. Die gemütlichen Tiere mögen das zu gerne. In jedem gut ausgestatteten Stall können Kühe sich inzwischen bürsten wie die „Fürsten“, auch in Echem. Das Bildungszentrum der LWK Niedersachsen liegt am nordöstlichen Rande des Bundeslandes. Hier arbeiten Experten in den unterschiedlichsten landwirtschaftlichen Bereichen. Man kann sich dort eine Menge Wissen abholen, auch als Nicht-Landwirt. Für Kinder gibt es dazu Extra Veranstaltungen. Es macht Spaß dort vorbei zu schauen, um zu sehen, wie ein Schnitzel oder ein Steak auf den Teller wächst. Wobei Echem kein Praxisbetrieb ist, sondern eher eine Lehranstalt mit Versuchsbetrieb. Es gibt z.B. eine konventionelle Schweinezucht und eine Öko-Ferkel-Aufzucht. Wenn es um Kühe geht, ist Niko Mammen
der richtige Ansprechpartner. Er ist der Herdenmanager vor Ort und weiß eine Menge über tiergerechte Rinderhaltung, unterschiedliche Rassen und deren Bedürfnisse, sowie die Kälberaufzucht. Er und sein Team haben herausgefunden, dass Kälber gut als
Selbstversorger heranwachsen. Eine halbe Stunde bleiben sie nach der Geburt bei ihrer Mutter in einer Heubox, dann kommen sie zunächst in ein Einzeliglu, und dann in ein Gruppeniglu. Gleich nach der Geburt wird die Kuh gemolken und die Biestmilch mit dem Refraktometer geprüft. Ist die Qualität der Milch ok, bekommt das Kalb gleich einen kräftigen Schluck davon. Im Iglu bekommt der Nachwuchs dann in der ersten Woche 9-11 Liter von der Milch. Jeweils in kleinen Mengen, dann stimmt die Temperatur und die Milch wird nicht schlecht, meint Mammen. Dazu bekommt jedes Kalb einen Trinkeimer mit frischem Wasser, etwas Kraftfutter und Heu. „Unsere Kälber sind sehr gesund, wir haben nur eine ganz geringe Anzahl Krankheitsfälle“
, sagt Mammen, überzeugt von seiner Methode der durchgängigen Fütterung. Natürlich sind die Kälber auch ganz schön glücklich, und meistens auch wonneproppengesund, wenn ihre Kuhmütter sie umkuscheln, wie es in der muttergebundenen Milchwirtschaft der Fall ist, in Mutterkuhherden, oder auch auf manchen Demeter-Höfen.
Auf dem Bauckhof z.B., kommen die Kälber in den nach einer Woche Kälberschlupf. Die ersten sieben Tage sind sie ganz bei ihrer Mutter, dann mehrfach am Tag zum trinken. Die Mütter behalten ihre Jungtiere im Auge und sorgen für die Milch. Die Nähe tut beiden gut. Stall, Umgebung und auch das Verhalten der Melker und der Landwirte sind für das Wohlbefinden der Tiere immens wichtig. Wenn es ihnen gut geht, dann ist auch die Milch besser. Alles ist stimmig. Zur Verbesserung der Haltung bietet das Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des Bundesprogrammes Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN), Seminare zur «Betriebsentwicklung in Richtung auf mehr Tierwohl» an. Diese vortrefflichen Chancen zur Weiterbildung sind kostenlos und
werden durch das Projektteam aus FiBL Projekte GmbH und dem Verband der Landwirtschaftskammern (VLK) durchgeführt, siehe www.tiergerechte-haltungssysteme.de.
Ich habe bisher eine Geflügelseminar besucht, eines über Schweinehaltung und jetzt dieses über Stallsysteme, alle waren wirklich gut und sehr informativ. Auch der Austausch mit den anderen Landwirten ist immer sehr befruchtend und für mich wichtig zum besseren Verständnis.
Mit der Zunahme der Herdengrößen und den veränderten Ansprüchen, haben sich auch die Stallsysteme stark verändert. Man weiß gar nicht was es alles gibt, bevor man es nicht gesehen hat. Milchviehhalter legen großen Wert auf tiergerechte Haltungssysteme und gesundheitsförderndes Herdenmanagement. Die zahlreichen sinnvollen Innovationen und Weiterentwicklungen bei Stallsystemen, Haltungsformen, Klauenpflege und Melktechniken muss man kennen, sonst kann man sie ja nicht anwenden. Im zweitägigen Weiterbildungs-seminar «Tiergerechte Milchviehhaltung und Tierwohl» informieren erfahrene Berater und Experten, aus den Universitäten und Forschungszentren über neueste Entwicklungen und Erkenntnisse. Nach Bedarf werden konkrete Optimierungsmöglichkeiten für private Betriebe erarbeitet:
- – Worauf kommt es bei tiergerechter, gesunderhaltender Milchviehhaltung an?
- – Welche Haltungsverfahren sind geeignet, welche Technik ist besonders gut?
- – Wie machen es andere Betriebe?
- – Was kann ich in meinem Betrieb konkret verbessern?
- – Welche Vermarktungsmöglichkeiten ergeben sich für «nachhaltig» erzeugte Milch?
Das Seminar bietet Milchviehhaltern, aber auch Beratern, Lehrern und Tierärzten praxisnahe Informationen über «Tiergerechte
Haltungssysteme», mit den Aspekten Stallsysteme, Tierschutz, alternative Maßnahmen zum Tierwohl, Umweltschutz, nachhaltige Erzeugung von Futtermitteln, Erhalt der biologischen Vielfalt und Erhöhung der Wertschöpfung.
In Kleingruppen werden Fallbeispiele aus dem Teilnehmerkreis bearbeitet. Der Besuch zweier Milchviehbetriebe steht ebenfalls auf dem Programm. Es ist wirklich interessant was man alles verbessern kann, für die Tiere und für den Landwirt, mit oft ganz einfachen Überlegungen, wie zum Beispiel zum Bewegungsverhalten der Tiere, wie man sie am besten so leitet, dass sie sich nicht gegenseitig behindern. Wie sind die Wege zum Laufhof hin und vom Laufhof weg, die Triebwege, wo am besten den Wartebereich und wohin mit dem Melkstand Die Beschaffenheit der Hufe und Gelenke sollte berücksichtigt werden, damit sie auf dem Boden nicht ausrutschen. Ausreichend Platz im Stall begrenzt deutlich den Stress für die Tiere. Ein Stall für 80 Kühe sollte keinesfalls mit 100 oder 120 Tieren belegt sein, weil Kühe gerne gemeinsam liegen. Man kann das auf der Weide beobachten, meistens liegt die ganze Herde gleichzeitig um die ranghöchste Kuh herum. Befreundete Kühe liegen gerne nebeneinander. Jede Kuh braucht 10-14 Stunden Ruhephasen am Tag für sich zum Wiederkäuen, immerhin haben sie vier Mägen durch die das Futter geschleust wird auf dem Weg zur Milchproduktion. Sie müssen dazu viel trinken. Wo man am besten die Tränken hinbaut ist wichtig, denn saubere Tränken sind auch ein entscheidendes Kriterium für die Gesundheit der Tiere.
Schönes Beispiel für einen Öko-Offenstall:
Die Stall-Klima-Gestaltung ist zu beachten. Welche Curtainsysteme man wo einbaut für den Windschutz, wie man das Licht am günstigsten gestaltet. Es gibt Kompostierställe, die gleich einen neuen Produktionszweig eröffnen. Und sehr ansprechend fand ich auch den Kuhgarten. Für die Kühe ist es wichtig, dass sie Bewegung haben ohne Stress, wissen wo sie was finden, also eine gute Orientierung und sich nicht mit dem Kopfschwung beim Aufstehen den Kopf stoßen…
Tags: Bauckhof Echem FiBL Projekte GmbH muttergebundene Milchviehhaltung Offenstall Stallbau