Der Australier Damon Gameau steht kurz vor der Erfahrung zum ersten Mal Vater zu werden. Seine Film-Frau ist schon ziemlich rund. Vielleicht ist es genau der richtige Moment ein paar Pfunde zuzulegen. Jedenfalls beschließt der Filmemacher und Schauspieler sich die Welt 60 Tage lang gnadenlos zu versüßen. Er startet ein erstaunliches Experiment mit 40 Stück Zucker täglich, die aber nur in Lebensmitteln versteckt sind, die als gesund gelten. Er isst mageren Jogurt, Müsli, Bananen, trinkt Smoothies und stopft sich voll mit Pausensnacks. Je weiter er kommt, umso hemmungsloser wird er. Schließlich kippt er sich den Zucker direkt auf das gebratene Huhn. Er nimmt rasant zu, obwohl er eher weniger isst. Auch die Kalorienmenge bleibt die gleiche. Interessant ist auch was mit seiner Laune passiert, wie sich seine Psyche mit entwickelt.
Mit irrwitzigen Slapsticks und in schrillen Kostümen tanzt der Autor dem Zuschauer zuweilen die „süße Sauce“ etwas nervtötent ins Gemüt, aber er zerrt gesundheitliche Aspekte, die einem so gar nicht geläufig waren, so doch unübersehbar ins Bewusstsein, z.B. den Zusammenhang von zu viel Zuckerkonsum und schlechten Leberwerten, bis zu Insulinabhängigkeiten.
Zu viel Zucker ist ungesund, schon klar, aber wo der Zucker überall drin versteckt ist, und wie bestimmte Industriezweige ihre Produkte versüßen nach System, das ist schockierend. Dabei geht’s um Glück, genauer gesagt den Glückspunkt. Der schlaue Amerikaner, Howard Moskowitz (selling blue elefants), hat das Prinzip in den 70igern erdacht: „Der Mix macht’s. Zucker ersetzt Liebe und der richtige Mix in Saucen, Müslis, Softdrinks schafft kurzfristig Glücksgefühle“. Und schwupps wird man zum Zuckerjunkie, es entsteht eine Sucht nach mehr die man dann immer und immer wieder stillen möchte. Ein Teufelskreis, ähnlich wie bei der Tabakindustrie. In Amerika ist es erwisen, dass die Zuckerlobby konsequent verhindert, dass der Zucker dämonisiert wird.
In Deutschland wehrt sich der Zuckerverband: „Zucker ist kein Killer, sondern ein traditionelles Lebensmittel.
Der Film leistet sicher keinen Beitrag zur Ernährungsdebatte. Er ist auf Unterhaltung getrimmt und auf Kassenerfolg aus. Er bietet aber eines ganz sicher nicht: Aufklärung für Verbraucher.“ Mit dieser Feststellung reagiert Günter Tissen, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ).
Doch, genau das tut er. Der Film zeigt die Zuckerunterschiede und dass wir viel zu viel von dem weißen „Kristall“ oft unbewusst konsumieren. Genauso wie beim Palmöl, und genauso wie beim Palmöl machen wir damit auch Märkte in anderen Ländern kaputt, sobald die Quote fällt. Das soll 2017 passieren. Den Deutschen Landwirten gefällt das nicht, es könnte ähnliches passieren, wie bei der Milchquote.
Kinostart ist der 29.10.2015, der Film lohnt sich, auch wenn er manche Zahnärzte arbeitslos macht…
Die Deutsche Welle untersuchte das Thema, Das Für und Wider der Zuckerquote, bereits in 2013: Die europäischen Rüben-Bauern wollen weiter eine Zuckerquote. Die Süßwarenindustrie hingegen fordert die Abschaffung der Zuckerquote. Denn die Europäische Zuckerquote sieht vor, dass heimische Produzenten nur 85 Prozent der Menge liefern dürfen. Der Rest muss aus bestimmten Entwicklungsländern kommen.
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Tags: voll verzuckert Zuckerrüben