Kühe geben natürlich nur Milch, wenn Sie ein Kalb geboren haben. Die Milch ist die Nahrung für das Kalb. In der Milchindustrie werden überwiegend Kühe ‚verwendet‘ die kein Muskelgewebe ansetzen und kein Fett. Diese Kühe sind reine Milchproduzenten. Hier im Norden sind es überwiegend Holstein Friesian. Tierarzt Michael Brackmann* bezeichnet sie in seinem Buch über Kuhrassen als Higtech Kühe.
In den letzten zehn Jahren hat man die Milchleistung künstlich verdoppelt, von erstaunlichen 4 bis 5000 kg auf unglaubliche 8 bis 10.000 kg pro Jahr (1 kg entspricht 1,02 l Milch). Diese „Turbokühe“ sind also den ganzen Tag damit beschäftigt zu fressen und das Gefressene dann in Milch umzuwandeln. Eine ungeheure Leistung für den Organismus der Kuh. Von Natur aus produziert sie nur so viel Milch wie ihr Kalb säuft, etwa 15 l pro Tag. Eingespannt in Melkmaschinen werden ihr nun täglich bis zu 50 l abgezapft und wenn sie das nicht mehr leistet, dann wird sie aussortiert und geschlachtet.
Es ist so paradox! Die Kuh strengt sich immer besonders an Milch zu geben, um ihr Kalb gut satt zu machen. Die Überlistung mit der Melkmaschine versteht ihr Organismus nicht. Die Kühe die sich dann am meisten anstrengen sind am schnellsten unfähig wieder trächtig zu werden. Ihr Organismus schaltet automatisch auf eine schonende ‚Pause‘, und dann wird sie für ihre besondere Anstrengung quasi „weg geworfen“.
„Das ist ganz schön unfair,“ findet Tanja Busse und hat darüber ein Buch geschrieben, „Die Wegwerfkuh„. Tanja Busse schildert darin die real existierenden Automatismen der Landwirtschaft am Beispiel von ‚Johnny Roastbief‘, einem Bullenkalb das einfach nicht ins System passt. Geschichten daraus las sie am Sonntag in ‚der Pumpe‘ in Kiel vor, eingeladen von Provieh, dem Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung. Provieh startet damit seine Kampagne „Prokuh- nein zum Wegwerfkalb“.
Ein weiteres Problem der Milchindustrie: es werden massenweise Kälber produziert die nicht gebraucht werden. In Deutschland wird es vermutet, in Dänemark ist es ganz sicher und in Neuseeland ist es an der Tagesordnung: diese Kälber werden einfach weg geworfen. Grad geboren und schon ab zum Schlachthof in den sicheren Tod. Eine traurige Bilanz die in der Pumpe lebhaft und emotional diskutiert wurde. Journalistin und Autorin Tanja Busse stellte gezielte Fragen an den Vertreter des Bauernverbandes, Peter Lüschow, den Minister für Landwirtschaft, Dr. Robert Habeck, Landwirt und Autor Matthias Stührwoldt und Provieh Vorstandsmitglied Udo Hansen. Es ging heiß her zwischen den Vertretern der „Bio-“ und denen der als „konventionell“ bezeichneten Landwirtschaft. Das Publikum fragte lebhaft mit. Eine Lösung fand sich so schnell nicht. Nur in einem waren sich alle einig: Kälber einfach zu töten, weil sie nicht gebraucht werden, ist ethisch und moralisch absolut verwerflich – das darf in Deutschland nicht sein! Die Erwartungen an die Politik sind hoch. Herr Habeck ist ein beliebter Hoffnungsträger, bürgernah und offen versucht er den Erwartungen gerecht zu werden, aber ändern können wir nur alle zusammen etwas, mit einer anderen Preispolitik, anderem Ess-Verhalten, mehr Achtsamkeit:
ARD Westart: Die Wegwerfkuh-Wie wir den Welthunger besiegen können
Die Kuhbilder wurden den Podiumsgästen im Anschluss der Veranstaltung als ‚Dankeschön‘ von Provieh überreicht.
*Das andere Kuhbuch, 45 Rasseportraits
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