
Nach 31 Jahren ist nun Schluss mit der staatlichen Mengenregulierung. Die Milch kann wieder frei fließen, die Bauern können so viel produzieren wie sie wollen. Die Meinungen darüber sind kontrovers. Bei Einigen weckt es schlechte Erinnerungen.
Die Geschichte der Milchquote
Anfang der 80er Jahre produzierte Milchviehhalter Milch und Butter ohne Ende, obwohl es keinen Markt. Die einzigen Kunden wurden in die Europäische Union (EU) gezwungen. Sie kaufte alle Bauern zu einem garantierten Preis für das, was sie konnte nicht auf dem freien Markt absetzen. Die Überschüsse ihnen gespeichert weg zu einem späteren Zeitpunkt zu verkaufen. Aber hat nicht funktioniert. Die Vorräte bis zu Milchseen und Butterberge aufgetürmt. In ihrer Verzweiflung geworfen einige Landwirte die überschüssige Milch auf dem Bauernhof. Um die Überproduktion in den Griff am 1984.04.01, der Milchquote installiert die EU zu bekommen. Sie sollten den Preisverfall zu stoppen und zu schützen kleine Betriebe. Wer wird mehr bezahlen als erlaubt war in der EU eine Strafe, die Superabgabe produziert. Eine ganze Generation von europäischen Bauern wuchs mit der Milchquote. Lange Zeit war es ein wichtiges Instrument der Kontrolle der Agrarwirtschaft ohne Erfolg. Von 2008 bis 1%, die Rate ist jedes Jahr gestiegen, die versuchen, auf einem „sanften“ Ausfahrt zu erarbeiten. Bei Schwankungen des Marktpreises von bis zu 20 Cent / kg war die Rate fehlgeschlagen. Diese Unterschiede könnten teilweise nur durch die Menge kompensiert werden. Einige Unternehmen wuchs durch den Kauf von Kontingenten und Flächen an der Börse aufgenommen Milch. Die Kühe waren, um hohe Leistung Lieferanten. Sie verdoppelte ihre Milchproduktion, sondern auch doppelt so empfindlich. Für einige Bauern waren Führungskräfte. Kleinere landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Betriebe verringerte sich um die Hälfte. Auch einige kleinere Molkereien auf der Strecke geblieben. Die Quote wurde nicht wie erhofft, begann trotzdem die unerwünschte Strukturwandel. Heute wissen wir, dass große Fehler wurden bei der Umsetzung gemacht. Kleine und mittlere Unternehmen haben zu wenig berücksichtigt, teilweise sogar im Nachteil. Von 1984 bis 2014 ist die Zahl der deutschen Milchbauern von 369.000 sank auf 78.000 (Quelle: Statistisches Bundesamt).
Milchviehland Niedersachsen und der Landvolkverband*
Niedersachsen ist aufgrund seiner geografischen Gegebenheiten mit den flachen Küstenregionen Milchviehland, genauso wie Schleswig Holstein und Mecklenburg Vorpommern. Die Niedersachsen verarbeiten 20 % der insgesamt in Deutschland angelieferten Milchmenge. Heinz Korte vom Landvolkverband ist froh, dass es nun vorbei ist mit der Quote: „Das strenge Mengenkorsett war eine teure Last!“ Bundesweit schätzt der Bauernverband die Kosten die das Quotensystem in all den Jahren verursachte auf 15 Mrd. Euro, davon würden etwa 3 Mrd. auf Niedersachsen entfallen (Quelle:LPD Nieders.). Die letzte Superabgabe für Deutschland wird auf 300 Mio. Euro geschätzt. Korte ist selbst Landwirt. Er bewirtschaftet einen Hof mit ca 160 Milchkühen in der Bremervörde. Kurz vor Quotenende lud der Landvolkverband Niedersachsen einige Pressevertreter zum Besuch des Musterhofes von Mathias Meyer in Hude bei Bremen ein. Zu Quotenbeginn 1984 lebten auf dem Hof noch Mastschweine und 30 Kühe. Die Familie gab die Schweinemast auf und baute den Betrieb konsequent weiter auf, zu einem modernen Milchviehbetrieb mit heute 225 Kühen. Die Tiere stehen in einem klimatisierten Stall mit Einzelboxen und
Liegeflächen mit Kuhmatratzen. Sie sind zutraulig und sehen sehr gut gepflegt aus. Mit einer Lebensdauer von 8,5 Jahren, leben sie länger als die meisten Tiere in der Milchviehhaltung. Diese Betriebsentwicklung lief über Jahre und die Finanzierung verschlingt viel Geld. „Wenn der Milchpreis um einen Cent/kg sinkt, kostet mich das ca. 20000 Euro im Jahr,“ meint Mathias Meyer. Gedanken über einen Notfallplan hat er sich nicht gemacht. Der Landwirt übernahm den Hof mit der 500jährigen Tradition 2010 von seinen Eltern. Sein Vater betreibt noch eine Bullenmast und ein Lohnunternehmen gehört auch zu dem Betrieb. Die Familie ist gut aufgestellt. Eine längere Durststrecke wäre aber auch für Mathias Meyer schwierig. Korte rät zur Gelassenheit, es entfielen doch die Kosten des Quotendrucks. Aus seiner Sicht wird sich die Produktionssteigerung in Grenzen halten, allein schon durch die Flächenbegrenzung.
Der Bund deutscher Milchviehhalter (BDM)**
Viele Bauern, auch einige aus Niedersachsen und der BDM sehen die Lage weniger entspannt. Seit Jahren demonstrieren sie gegen die fallenden Preise. Für ihre Existenz benötigen sie einen kostendeckender Milchpreis von mindestens 40 Cent pro Liter. Mit den starken Schwankungen zahlen sie drauf und haben überhaupt keine Chance den Betrieb auf eine wirtschaftliche Basis zu stellen, weil sie die schwankenden Preise nicht durch Masse auffangen können. Die Probleme wurden besonders deutlich beim Symposium des BDM auf der Grünen Woche. Rund 1000 Landwirte trafen sich dort zur Lagebesprechung und um Lösungen zu finden wie der Milchmarkt stabilisiert werden könne. Der BDM entwickelte dazu ein Konzept des Marktkrisenmanagements als Notfallplan, für den die Regierung nicht hinreichend gesorgt hat. Die Milchviehhalter beim BDM fühlen sich von der Regierung allein gelassen. Dementsprechend herrschte eine unruhige, ratlose Stimmung. Sie wollen sich aber nicht unterkriegen lassen und symbolisierten das mit einem Seil, gemeinsam ziehen sie alle an einem Strang.
Trübe Aussichten?
„Das Ende der Milchquote wird zu einer noch größeren Überproduktion führen. Die Milcherzeuger geraten unter zusätzlichen Preisdruck, das Höfesterben geht weiter und die Tierhaltung wird in immer größeren Ställen konzentriert. Dies alles wirkt sich negativ auf den Tierschutz und die Umwelt aus“, sagte der agrarpolitische Sprecher des BUND, Jochen Dettmer. Martin Hofstetter von Greenpeace befürchtet u.a. kranke Milchkühe: „Ohne begrenzte Quote wird die Milchindustrie vermehrt Kraftfutter und Antibiotika einsetzen, um die Produktion zu steigern. Viele Milchkühe sind bereits jetzt durch die gewaltigen Milchmengen völlig ausgebrannt und krank. Kühe gehören auf die Weide und nicht in riesige Massentierhaltungsställe.“
für die Landwirte? Es ist schwierig für sie. Woran sollen sie sich orientieren? Die Regierung pusht zur Globalisierung mit dem Ziel die Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt weiter auszubauen. Der DBV steht dem positiv gegenüber. Entgegen starkem Widerstand soll TTIP*** möglichst noch dieses Jahr durchgesetzt werden. Auch die EU will die Milchmärkte öffnen für den weltweiten Handel. Grund ist u.a. die Sättigung, sowohl des deutschen als auch des europäischen Marktes. Wohin also mit der vielen Milch, wenn es keine neuen Märkte gibt? Das Problem ist, dass diese globalen Märkte sehr volatil sind.Kleine und mittlere Betriebe werden wieder Schwierigkeiten haben diese Schwankungen aufzufangen.
Weltweit ist Deutschland nach Australien und den USA bereits der drittgrößte Milchproduzent. In Europa steht Deutschland an der Spitze, gleich nach Frankreich, das bietet aber alles keine Sicherheit. Experten wie Prof. Dr. Holger Thiele von der Fachhochschule Kiel meinen, dass die Preise grade 2015 stark instabil sein werden. Molkereien wie Milcherzeuger brauchen neue Vermarktungsstrategien, wie beispielsweise Milchtermingeschäfte, um mit höheren Preisschwankungen umzugehen.
für die Tiere? In der Milchviehhaltung hat man sich Hochleistungskühe herangezogen und man sieht es ihnen an. Die Kühe wirken völlig verknöchert, weil sie kein Fett und Fleisch mehr ansetzen. Das meiste Kalzium fließt in die Milch. Von 1970 bis heute stieg ihre Milchleistung um das Doppelte. Gab eine Kuh 1970 noch 20 l pro Tag so werden ihr heute ca. 40 l abgezapft.* Die Kälber bekommen davon bestenfalls die Biestmilch, die Milch der ersten Tage, doch die auch nicht von ihrer Kuhmutter sondern aus der Flasche. Kuh und Kalb wüden sich zu stark aneinander gewöhnen. Das ist schon eine erhebliche Steigerung für den Organismus einer Kuh. Ob ihr Körper überhaupt darauf ausgerichtet ist, ist umstritten. Fest steht, die durchschnittliche Lebensdauer der Milchkühe ist deutlich gesunken. Eine Hochleistungskuh lebt heute im Schnitt 5,4 Jahre und war dann 3 Jahre trächtig (Quelle ADR). Das ganze Drama um die Kühe und ihre Kälber in der Milchviehhaltung hat Dr. Tanja Busse in ihrem grade erschienenen Buch „Die Wegwerfkuh“ zu Papier gebracht.
für die Verbraucher? Die Preise könnten weiter fallen. Dafür zahlt der Verbraucher auf andere Weise: mit zunehmendem Klimawandel; erheblicher Umweltschädigung; zunehmender Unüberschaubarkeit – es wird immer schwieriger nachzuverfolgen woher die Milch eigentlich stammt. Daran ändern auch die Transparenzabsichten des DBV nichts. Die Wege des Handels sind einfach oft nicht mehr nachvollziehbar. Es kommt sicher zu sinkender Milchqualität, meint Michael Hofstetter von GP: „Verbraucher setzen zunehmend auf regionale, hochwertige Produkte – keine Massenware. Doch die Qualität der Milch wird sich verschlechtern, wenn die Milchindustrie mehr Kraftfutter einsetzt, um schneller und mehr zu produzieren. Je weniger Weide- und mehr Kraftfutter, desto weniger gesunde Fettsäuren wie Omega 3 enthält die Milch.“ Provieh meint dazu, dass der Steuerzahler wieder zur Kasse gebeten wird. Er unterstützt die großen Betriebe, da sich die Europäische Agrarpolitik auch aus den Steuereinnahmen der europäischen Bürger nährt. Beitrag von Provieh
Alternativen
Einige Landwirte, wie z.B. die Ökomelkburen, haben sich zusammengeschlossen und vermarkten ihre Produkte direkt. Zudem spezialisieren sie sich und zielen mehr auf Klasse statt Masse. Damit erzielen sie bessere Preise und sind langfristig vom Markt nicht so abhängig. Viele Bio-Bauern machen es ähnlich. Das Tierwohl ist zwar da auch noch nicht hundertprozentig ausgereift, aber es ist doch meistens wesentlich artgerechter. Die Kühe werden nicht enthornt, sie bekommen etwas mehr Zeit, man verlangt ihnen nicht ganz so viel Leistung ab und sie dürfen auf die Weide. Die Kälber werden allerdings auch da nicht mit ihren Müttern glücklich. Doch immerhin, der Verbraucher weiß schon beim Kauf wo die Produkte her kommen.
*der niedersächsische Landvolkverband gehört zum Deutschen Bauernverband DBV
** der BDM ist eine Interessenvertretung der deutschen Milchviehhalter die sich aus dem Bauernverband heraus entwickelte. BDM-Vorsitzender ist Romuald Schaber
***TTIP Transatlantic Trade and Investment Partnership, ist das geplante Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada; siehe Beiträge hier im Blog
* 1970 gab eine Kuh 4415 kg Milch p.a., 2013 waren es schon 8471 kg lt. ADR Arbeitsgemeinschaft der deutschen Rinderzüchter; 1 kg entspricht 1,02 l; ein Milchkuh Jahr wird auf 305 Tage gerechnet
Titelfoto: by_almotti_pixelio.de
Tags: Ende der Milchquote