Bouncing in the Corner. Die Vermessung des Raums ist der dritte und letzte Teil der Ausstellungsserie „Honey, I rearranged the collection“. Ursprünglich war das mal der Titel einer Werkgruppe des amerikanischen Künstlers Allen Ruppersberg. Die Kunsthalle verwandelte es zu einem „Stück“ in drei Akten: #Magie der Dinge, Von der Tücke des Objekts (2016) #Help Me Hurt Me, Zwischen Fürsorge und Grausamkeit (2017) #Bouncing in the Corner. Die Vermessung des Raums (2018) zeigt die Werke von rund 25 internationalen Künstlern, die sich mit dem Raum auseinandersetzen: Wie nehmen wir Raum wahr? Welche Rolle spielen dabei unsere Handlungen, Erfahrungen, Erinnerungen und Vorstellungen? Wie verorten wir uns, welchen Platz nehmen wir ein? Wie manifestieren sich gesellschaftspolitische (Macht-) Strukturen im Raum? Im Kontext dieser Fragen werden wichtige Werke aus der Sammlung und erstmalig bisher noch nicht gezeigte Neuzugänge präsentiert. Unsere Vorstellungen vom Raum haben sich im letzten Jahrhundert von Einsteins Relativitätstheorie über den so genannten spatial turn der Kultur- und Sozialwissenschaften entscheidend gewandelt. So beschreibt Nevin Aldag in ihrem Video aus der Sicht vom Fabrikarbeiter bis Oma Krause ihre Meinung zu Ikea mitten in Altona, sehr interessant. Lustig gedreht, weil die Leute selber sprechen, die blonde Schauspielerin dazu entsprechend mimt.
Raum wird nicht länger als leeres, dreidimensionales Gebilde verstanden. Raum entsteht in Relation zum menschlichen Körper, seiner Bewegung und seiner Wahrnehmung. Handlungen, Konstellationen und Situationen bestimmen die soziale Dimension des Raums. Zugleich sind Räume von jeher politisch determiniert:
Sie unterliegen Prozessen der Gestaltung, Eroberung und Kontrolle. Wie 1989 beim Berliner Mauerfall und der dann folgenden Grenzöffnung, geschickt eingefangen von Siegmar Polke.
Die Skulpturen, Objekte, Installationen, Filme und Fotografien der Ausstellung lassen erahnen, wie vielfältig unsere Vorstellungen vom Raum sind. Wie Boltanskis schmaler Gang in die 1168 schweizer Keksdosen. Die Dosen tragen jeweils das Foto eines Verstorbenen. Der Inhalt bleibt verborgen. Die serielle Anordnung erinnert an eine Gedenkstätte und weckt damit leicht morbide Erinnerungen…
Architekturmodelle, physikalische Vermessungen, mentale Übungen, introspektive Erkundungen, gesellschaftspolitische Manifeste, verborgene Orte sie alle erzählen von dem Raum beziehungsweise den Räumen, in denen wir leben.
Die kinetische Rauminstallation „Chor der Heuschrecken“, von Rebecca Horn, bewegt sich technisch höchst präzise, quasi wie von Geisterhand betrieben. Der Aluminiumstab dirigiert mit seinen kodierten Bewegungen den Chor der von der Decke hängenden
Schreibmaschinen. Gleichzeitig scheint ein Blindenestock tastend den Raum zu erkunden im Versuch sich hiervon ein Bild zu machen. Die Schreibmaschinen begleiten ihn dabei mit akustischen Signalen. Die Installation ist Teil der hauseigenen Sammlungen. Alle drei Wochen muss eine „Chorstimme“ wieder auf Kurs gebracht werden, nach einer aufwendigen Komplettsanierung vor einiger Zeit…
Die Ausstellung ist bis zum 13. Januar 2019 in der Hamburger Kunsthalle zu sehen.
Das Beitragsfoto zeigt „Wall/Floor Positions 1968“ von Bruce Naumann
Mit Werken von Nevin Aladağ, Christian Boltanski, Stanley Brouwn, Hreinn Friðfinnsson, Isa Genzken, Mona Hatoum, Rebecca Horn, Jan Köchermann, Gordon Matta-Clark, Michaela Melián, Olaf Metzel, Bruce Nauman, Dennis Oppenheim, Manfred Pernice, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Gregor Schneider, Thomas Schütte, Sara Sizer, Monika Sosnowska, Annette Streyl, Rosemarie Trockel und Jane & Louise Wilson.
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