…der Vater ist im Krieg, die Mutter ist im Pulverland, Pulverland ist abgebrannt…“ Wien im April 1945; Unbekümmert hüpft die kleine Christine, genannt Christl, über Schutthalden und Trümmerberge. Ihre beiden Zöpfe wippen im Takt mit, während sie das Maikäferlied trällert. Sirenen heulen in der Ferne und warnen vor Fliegerangriffen. Es ist eine erschütternde Szenerie, so viel Zerstörung, aber Christl ist grade mal acht Jahre alt.
Sie kennt es nicht anders. Ihr Spielplatz ist gefährlich, na und, Pustekuchen. Sie weiß damals so wenig vom Frieden, wie die Kinder in Österreich und Deutschland heute vom Krieg. Als ihr Opa sie endlich entdeckt, hilft er ihr vorsichtig von den kaputten Steinhaufen herunter zu steigen. Er ist froh, sie unversehrt gefunden zu haben. Ihre Mutter auch. Etwas entfernt hockt ihre Großmutter zwischen den Trümmerteilen ihres Hauses. In bestem wienerisch wettert die alte Dame unter ihrem Turban hervor gegen Hitler: „Der geschissene Nazi der, die Großkupferten,
die haben uns das alles eingebrockt und auslöffeln mussens mir, die armen Hund!“ Passend angewidert verzieht sie ihr Gesicht dazu. Diese gesunde Wut entspannt den Ernst der Lage und Christl fragt: „Du Oma, wann kommt der Papa eigentlich zurück?“ „Bald“, antwortet die schmale Frau und räumt verzweifelt weiter in den staubigen Trümmerresten herum. Sie weiß ja auch nicht was aus ihrem Sohn geworden ist, ob er zurückkommt und ob er überhaupt noch lebt. Müde und leicht gebückt geht sie in die zerbombte Wohnung zurück. Der Großvater drückt ihrer Mutter eine letzte Uhrenkette in die Hand: „Hier, dafür bekommst sicher noch was zu essen getauscht.“ Alle sind hungrig. Die Mutter macht sich auf den Weg, ihre Großmutter fängt an Klavier zu spielen und Christine meint: „Ich hab’s ja immer gesagt, wir hätten das dumme Klavier gegen das halbe Schwein eintauschen sollen.“
In der Wand klafft ein riesiges Loch. Das Haus der Nöstlingers wurde bei den letzten Luftangriffen schwer getroffen. Gott sei Dank wurde dabei niemand verletzt, aber die Angst sitzt tief. Ausgebombt und mittellos flüchtet Christines Mutter schließlich mit ihren beiden Töchtern in die noble Villa eines Nationalsozialisten am Rande des Wiener Waldes. Seine Witwe hatte sie den Nöstlingers als vorübergehenden Unterschlupf angeboten. Etwas Ruhe kehrt ein. Doch grade als es gemütlich wird, taucht Christines Vater auf. Der Soldat der Wehrmachtist aus dem Lazarett heraus von desertiert. Seine Familie muss ihn sowohl vor den deutschen, als auch vor den russischen Soldaten verstecken. Man ist schon froh, dass er wieder da ist, aber gleichzeitig weiß auch niemand so recht,
was man mit ihm anfangen soll. Er ist einfach auch noch ein „Maul“ mehr, welches Christls Mama stopfen muss. Kurz darauf kapituliert die Wehrmacht. Doch bevor erneut Erleichterung aufkommen kann, quartieren sich russische Besatzungssoldaten in der Villa ein. Alle fürchten sich vor diesen Rabauken, der roten Armee mit ihrer unberechenbaren Art und ihrer ständigen Betrunkenheit. Plötzlich herrscht in der Villa allgemeine Anarchie. Interessiert beobachtet die Achtjährige das Treiben der Erwachsenen. Hier und da stößt sie auf kleine Schwächen und Geheimnisse. Angst hat sie nicht, nein, sie entwickelt sogar Beschützerinstinkte für Cohn. Der russische Koch wird von seinen Leuten richtig mies behandelt. Nur Christl behandelt Cohn gut, er wird für das kleine Mädchen zu einem richtigen Freund…
Mit Witz und Charme spielt die elfjährige Jungdarstellerin Zita Gaier ein Kind in Kriegstagen. Regisseurin Mirjam Unger hat den Roman von 1973, in dem Christine Nöstlinger ihre Erlebnisse erzählt, erst als Erwachsene für sich entdeckt. „Ich war fasziniert von der Perspektive des Kindes, die Kriegserlebnisse werden sofort greifbar. Ich finde, der Roman hat auch viel mit dem zu tun, was wir heute erleben…“
Kinostart ist der 27-April
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