Agrarminister einigen sich auf Ende der Kleingruppenhaltung von Legehennen
VIER PFOTEN: Etappensieg für 5 Mio. Legehennen
Fulda / Hamburg, 05. Oktober 2015 – Bund und Länder haben sich bei der am Freitag zu Ende gegangenen Agrarministerkonferenz in Fulda auf eine Ausstiegsfrist aus der Kleingruppen-Käfighaltung von Legehennen geeinigt. Während die Länder den Ausstieg bis 2023 forderten, setzte die Bundesregierung auf einen deutlich längeren Zeitraum bis 2035. Am Ende konnte ein Kompromiss bis 2025 ausgehandelt werden, in Ausnahmefällen bis zu drei Jahre länger. Die Stiftung VIER PFOTEN begrüßt zum einen, dass endlich ein Enddatum der Käfighaltung gefunden wurde, kritisiert aber zugleich, dass das Elend der Legehennen nun weitere 10 Jahre weitergehen wird. Ein früherer Ausstieg wäre problemlos möglich gewesen, wenn die Bundesregierung ihre Blockadehaltung früher aufgegeben hätte. Jahrelang wurde zwischen Bund und Ländern um ein Ausstiegsdatum gerungen, während Millionen Legehennen in winzigen Kleingruppenkäfigen leiden. Derzeit leben ca. 5 Mio. Hennen in dieser Haltung. Es ist davon auszugehen, dass nun im Laufe der Jahre immer mehr Betriebe mit der Kleingruppenhaltung schließen werden.
Dr. Martina Stephany (33), Kampagnenleiterin von VIER PFOTEN: „Ein komplettes Verbot der Käfighaltung von Legehennen ist in Deutschland schon längst überfällig gewesen. Schon vor fünf Jahren ist die Kleingruppenhaltung für verfassungswidrig erklärt worden. Doch der Bund hat die Vorschläge der Länder für ein Ausstiegsdatum immer wieder blockiert. Im Vergleich zu den früheren Legebatterien, die bereits seit 2010 in Deutschland verboten sind, haben die Hennen in der Kleingruppenhaltung nur einen Bierdeckel mehr Platz.“
In der Kleingruppenhaltung führen extremer Platzmangel, Gitterboden und kein Tageslicht dazu, dass die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht ausleben können – auch gesundheitliche Probleme sind die Folge. Es war Zeit dieser Haltungsform endlich eine, wenn auch zu lange Auslauffrist zu setzen. Diese Art der Käfighaltung ist nun offiziell ein Auslaufmodell in Deutschland. Nun sollten andere europäische Länder folgen.
Auch Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer freut sich über das Verbot: „Noch immer werden Millionen Legehennen in engen Käfigen gehalten. Diese Art der Haltung ist nicht tierschutzgerecht und wird gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert.“ Seine rheinland-pfälzische Kollegin Ulrike Höfken ergänzte: „Es war höchste Zeit, dass der Bund seine Verweigerungshaltung aufgegeben hat und einen großen Schritt auf die Länder zugegangen ist. Erstmals liegt jetzt ein festes Datum zum Ausstieg aus der Käfighaltung und damit Rechts-sicherheit vor.“
Maßgeblich dank der Hartnäckigkeit von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ist die jetzige Entscheidung zustande gekommen: Höfken und Meyer hatten sich in einem gemeinsamen Bundesratsantrag für ein Ende der Käfighaltung bis 2023 sowie eine Härtefall-Übergangszeit von zwei Jahren eingesetzt und damit eine Mehrheit unter den Ländern erreicht. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor die Kleingruppen-haltung als unvereinbar mit dem Tierschutz im Grundgesetz erklärt und eine Neuregelung gefordert. Die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung missachtete jedoch den Länderbeschluss, setzte sich allerdings mit ihrer völlig überzogenen Fristsetzung bis 2035 ebenfalls nicht durch.
Die Kleingruppen-Käfige seien kaum besser als die früheren konventionellen Käfige, so Meyer und Höfken: „Jede Henne hat gerade einmal den Platz von etwas mehr als einem DIN-A-4-Blatt.“ Staubbaden, ungestörte Eierablage oder gar Ruhen seien gar nicht möglich. „Zum ersten Mal lenkt der Bund jetzt ein und ist bereit, die Käfighaltung von Millionen Hühnern in Deutschland definitiv zu beenden. Das ist zugleich ein Eingeständnis, dass diese Art der Tierhaltung nicht mit dem Tierschutz vereinbar ist“, sagten der Agrarminister aus Niedersachsen und seine Kollegin aus Rheinland-Pfalz.
„Wir wären gerne schneller ausgestiegen. Aber angesichts dessen, dass der Bund ursprünglich erst 2035 zu einem Ausstieg aus der Kleingruppen-Käfighaltung bereit war, ist das Einlenken des Bundes ein guter Erfolg aller grünen Agrarminister, der ohne den Druck der Tierschutzverbände nicht möglich gewesen wäre“, so Meyer und Höfken. Der Kompromiss zwischen Bund und Ländern sei zugleich ein deutliches Signal, „dass die nicht tierschutzgerechte sogenannte Kleingruppenhaltung in Käfigen keine Zukunft mehr hat“. Höfken ergänzte: „Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben mit ihrem Nein zu Käfigeiern mit der Ziffer „3″ dazu beigetragen, dass solche Eier aus den Supermarktregalen verschwunden sind.“
Die Agrarminister erwarten jetzt eine schnelle Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung des Bundes. Wie Meyer zeigte sich auch Höfken zwar zufrieden mit dem nun seitens des Bundes signalisierten Zugeständnis. „Aber leider hat Bundesagrarminister Christian Schmidt nur sehr spät auf den Willen der Verbraucherinnen und Verbraucher reagiert“, so Meyer und Höfken. Sie erinnerte daran, dass der Bundesrat auf Antrag von Rheinland-Pfalz auch die Ausweitung der Tierschutzkennzeichnung auf verarbeitete Eier in Kuchen und Nudeln gefordert habe. „Hier muss der Bund jetzt ebenfalls unverzüglich handeln, damit der Import verarbeiteter Käfigeier aus dem Ausland gestoppt wird“, sagte die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin.
Zum Hintergrund:
In Niedersachsen leben mittlerweile rund 5,4 Millionen Legehennen in konventioneller oder ökologischer Freilandhaltung. Das sind doppelt so viele wie die derzeit 2,7 Millionen Legehennen in Käfighaltung. Derzeit befinden sich rund 15 Prozent aller Legehennen in Niedersachsen in Kleingruppenhaltungssystemen, die Eier werden als Käfigeier mit der Ziffer „3″ gekennzeichnet. Seit 2013 werden in Niedersachsen keine neuen Kleingruppenhaltungen mehr genehmigt. Die Zahl der Freilandhühner aus konventioneller Haltung stieg derweil allein 2014 im Vergleich zum Vorjahr um fast 20 Prozent, während Boden- und Käfighaltung stagnierten. „Niedersachsen ist bei der Produktion sowohl von Bio- als auch von Freilandeiern bundesweit zu einer Hochburg geworden. Fast jedes zweite deutsche Bio- oder Freilandei stammt mittlerweile aus Niedersachsen“, sagte Meyer.
Pressemitteilungen von Susanne von Pölnitz VIER PFOTEN und Klaus Jongebloed Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Tags: dann endlich kommen die armen Hühner aus ihren Käfigen noch 10 Jahre