Auf Bunde Wischen haben alle Platz, Rinder sogar angenehm viel Platz. Normal rechnet man etwa 0,7 ha* pro Rind (GVE = Großvieheinheit), die es braucht, um sich gut davon ernähren zu können. Bunde Wischen bietet ihnen mehr. Es ist überhaupt eine großzügige Anlage. Hinter dem Haupthaus laufen ein paar gut gelaunte Wollschweine herum. Neugierig wie normale Schweine nun mal sind, kommen sie angerannt und schnüffeln, dann stecken sie ihre Nasen wieder begeistert in den Schmodder, ist ja soo interessant da drin. Auf der Weide dahinter grasen ein paar ‚Pferdchen‘, sog. Koniks. Diese Tiere stammen aus den Niederlanden und weisen gegenüber den Rindern ein anderes Fressverhalten auf. Durch ihr unterschiedliches Verhalten sorgen die verschiedenen Tiere für eine größere Strukturvielfalt und somit für mehr Arten und Biodiversität. Die Flächen für die Galloways sind weiter weg. Auf etwa 1500 ha genießen die zotteligen Vierbeiner dort die freie Standort Wahl. Auch Rinder haben Vorlieben und entscheiden gerne mit wem sie zusammen stehen, wann sie wohin gehen wollen, wo sie grasen, ob der dunkle Bulle sich vielleicht noch auf einen Flirt mit der „blonden Färse“ (junges weibliches Rind) einlässt, oder lieber guckt was der Rest seiner Truppe so macht. Die Tiere leben das ganze Jahr über im Herdenverband, also Bullen, Ochsen, Kälber, Färsen, Kühe alle gemeinsam auf der Weide, das ist etwas ganz Besonderes. Irgendwann ist natürlich auch da Schluss mit lustig. Man möchte ja eine gesunde Herde und keine Inzucht, also kommen die älteren Tiere nach einiger Zeit auf eine Extra Weide, zur Beobachtung für etwa ein Jahr. So soll vermieden werden, dass trächtige Kühe geschlachtet werden. Von dieser Weide holt man dann die ausgewählten Rinder zur Schlachtung. Jede Woche verlieren vier bis sechs von ihnen ihr Leben, es ist eben ein landwirtschaftlicher Betrieb. Die Schlachtung auf Bunde Wischen erfolgt über den Weideschuß, die humanste Methode ein Rind zu töten, wenn man es richtig macht.
Auf Bunde Wischen legen nur ausgebildete Mitarbeiter das Gewehr zum letzten Schuß an, oder der Hausherr, Gerd Kämmer, persönlich: „Ein falsch angeschossenes Tier, ist in der Herde kaum wieder zu finden. Rinder lassen sich eine Verletzung nicht anmerken, weil sie genau wissen, zeigst Du Schwäche, hast Du verloren.“
Für diese Art der Schlachtung kämpfte Ernst Hermann Maier Jahre lang, gegen die Politik, gegen den Staat, gegen die Gesellschaft. Doch er gewann und gründete Uria*. Eine Methode die sich immer mehr durchsetzt, weil sie Zukunft hat. Man muss sich nur mal überlegen, was so ein Mega-Schlachthof an Energie verbraucht, Tag und Nacht, und wie schrecklich es für die meisten Tiere sein muss dort, meist voller Angst, das Leben zu verlieren. Das gäbe es bei der Uria Methode alles nicht. *Auf Bunde Wischen trifft sich seit zwei Jahren die Gruppe Uria Nord.
Der Kampf für Maier ist noch nicht vorbei. Im Moment geht es um Ohrmarken. Maier möchte bei seinen Chips bleiben: „Das sind doch Tiere und keine Autos mit Nummernschildern,“ sagt er. Das Land Baden-Württemberg will ihn in die Knie zwingen. Man kürzt ihm seit drei Jahren die Subventionen. Doch Maier wehrt sich beharrlich. Das ist bewundernswert!
Gerd Kämmer würde auch gerne Chips einsetzen, wenn er aber auf die Ohrmarken verzichtet, dann werden ihm auch sofort die Gelder gekürzt. Also lässt er es lieber. Er betäubt die Kälber mit dem Blasrohr bevor er ihnen Ohrmarken setzt und das aus gutem Grund: „Die ersten sieben Tage müssen diese ziemlich dicken Identifizierungs-Dinger, laut EU Verordnung, den Tieren in die empfindlichen Ohren gedrückt werden. Das ist die Prägephase, das heißt, diese schlechte Erfahrung wird das Rind mir nie verzeihen“, sagt Gerd Kämmer. „Die Mutter des Kalbes und die ganze umstehende Herde auch nicht.“ Diesen ganzen unsäglichen Stress vermeidet Kämmer mit der Blasrohrmethode.
Vor 30 Jahren, bei der Gründung von Bunde Wischen, sah das noch ganz anders aus. Ein paar Mitarbeiter des BUND probierten mit drei Galloways eine Orchideenwiese naturnah zu pflegen. Das klappte gut. Das Projekt entwickelte sich zukunftsträchtig und lebt heute als gemeinnütziger Verein weiter, nur wesentlich größer, mit etwa 800 wilden, zotteligen und mittlerweile eingebürgerten Briten, ein paar Highländern, Heidschnucken, Wollschweinen usw. . Link: Bunde Wischen
Seit 2012 gehört Bunde Wischen e.V. zum Netzwerk der „Demonstrationsbetriebe für den ökologischen Landbau“. Ein Besuch dieser Betriebe ist willkommen und lohnt sich! Link mit Karte: Demonstrationsbetriebe Ökolandbau
Beitragsbild, Highland Rind und Schaf – copyright Bunde Wischen
* der Viehbesatz einer Fläche im Verhältnis zur Nachhaltigkeit wird in Großvieheinheiten kalkuliert, siehe Link: Viehbesatz
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