Mit hunderten von Treckern demonstrieren die Milchbauern in Brüssel und zeigen so ihre Entrüstung gegen die Politik der EU. Seit im April die Milchquote fiel, sind die Milchpreise in den Keller gerutscht. Grade rechtzeitig vor dem EU-Agrarminister-Treffen blockieren nun hunderte von Treckern, bunte Milchkühe und das Trojanische Pferd, welches man schon von den TTIP Protesten her kennt, wichtige Zugangs-straßen vor dem EU Gebäude in Brüssel. 140 Kilometer Stau meldete die Polizei heute in den Morgenstunden. Es sollen über 1500 Traktoren unterwegs sein die die Strassen im Regierungsviertel blockieren. Nach Polizeiangaben und BDM Meldungen erzeugen fast 6000 Landwirte aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden ein heftiges Chaos in der belgischen Hauptstadt.
Die wütenden Bauern versammeln sich vor dem Brüsseler EU-Ratsgebäude und protestieren lautstark: „Bauern brauchen einen fairen Preis – 40 Cent pro Liter Milch“, fordern sie, und „Der Milchmarkt brennt, die Politik pennt!“ Die Landwirte bangen um ihre Existenz. Das russische Importverbot ist möglicherweise eine zusätzliche Sorgenquelle. Auch der chinesische Markt ist zusammengebrochen, alles in allem eine desolate Situation. Doch Kühe sind in den Laktationsphasen Dauerlieferanten. Man kann sie nicht plötzlich ab stellen, oder auf Teilzeit setzen.
„Wir müssen einen Weg finden, um die Schwankungen abzufedern, die die Landwirte nicht bewältigen können“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), wie das ARD-Morgenmagazin vor dem Krisentreffen in Brüssel berichtet. Das Risiko des Marktes trügen derzeit allein die Milchbauern. Die EU müsse ihnen dabei helfen.
Inzwischen hat sich die Stimmung in Brüssel regelrecht aufgeheizt. Stroh und Holzpaletten wurden in Brand gesetzt. „In Belgien ist das Demonstrieren gesetzlich großzügiger geregelt als bei uns. Deshalb wird von den Belgiern gerne Feuer gemacht, als besonders hitziger Ausdruck ihres Protestes“, sagt ein Landwirt vom BDM (Bund deutscher Milchviehhalter), mitten aus dem Geschehen um 15:35h. In Brüssel ist es chaotisch, so wie die Milchpreispolitik.
Wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL) bekannt gab, handelt es sich um zwei Demos mit gegensätzlichen agrarpolitischen Forderungen anlässlich einer Krisensitzung des EU-Agrarministerrates. Die Milchbauern und Bäuerinnen, die wie die AbL-Mitglieder im European Milk Board (EMB) und in Via Campesina organisiert sind, wollen die derzeitigen Milchüberschüsse am Markt abbauen. „Wir wollen runter vom Überschuss. Milcherzeugung zu diesen Tiefstpreisen zerstört wirtschaftliche Substanz auf den Betrieben und richtet sich gegen eine umwelt- und tiergerechte Landwirtschaft“, erklärt Ottmar Ilchmann, stellvertretender Vorsitzender der AbL und Milchbauer aus Ostfriesland.
Die Vereinigung der Europäischen Bauernverbände und Genossenschaften COPA-COGECA, zu der auch der Deutsche Bauernverband gehört, fordert dagegen eine noch stärkere Ausrichtung der europäischen Land- und Ernährungswirtschaft auf Exporte in andere Kontinente. Von der EU fordern sie mehr Geld, Einsatz und den Abschluss von Freihandelsabkommen, damit hiesige Exportmolkereien noch mehr Milchpulver, Butter und Standardkäse in Drittländer exportieren können.
Es dürfe daher nicht verwundern, dass die Forderung des Bauernverbands nach Exportförderung einhergehe mit der Bekämpfung höherer Umwelt- und Tierwohlstandards in der Landwirtschaft. „Milch für die Welt bedeutet Milcherzeugung zu Kosten und Standards wie in China, Indien, Südamerika oder in den USA, wo Betriebe mit mehreren Zehntausend Kühen das Bild bestimmen“, so Ilchmann. Die ABL-Bauern wollen eine langfristig respektable Lösung, unter Beachtung des Tierwohls.
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