In Deutschland begann es in den 60igern, den Wirtschaftswunderjahren. Langsam begann man sich wieder zu amüsieren bei Käseigeln und Nierentischen. In Hamburg war es die „Insel“, der Tanzclub in der weißen Villa an der Alster, oder auch das Gigi’s, wo Konsul Weyer gerne abhing und mit Titeln jonglierte. Mann traf sich auf einen Drink nach der Arbeit, sprach über Autos, Frauen und Pferderennen, in Amerika über das letzte Golfspiel und welches Eisen man am Bunker von Loch 4 einsetzt, lieber ein Dreier oder ein Fünfer – was für eine herrlich unkomplizierte Männerwelt… Im Big Apple, in New York war es der 21 Club … Es war eine eigene Kultur. Charles Schumann sammelte für seinen Job Ideen in der ganzen Welt und wenn es auch nur die war, heraus zu finden wie man das „Eis“ am besten bricht…
„Was mir schmeckt, passt und gefällt, das muss auch meinen Gästen schmecken, passen und gefallen.“ Er denkt global.
Charles Schumann ist gebürtiger Pfälzer. Früh zieht es ihn in die Ferne, erst in die Schweiz, wo er eine Hotelfachschule besucht und dann nach Südfrankreich, in die Bars und an die Universität. Im Sommer 1973 kehrt er als „Charles“ zurück und wird in München Barkeeper in Harry’s New York Bar. 1982 eröffnet er seinen eigenen „Tresen“, Schumann’s American Bar in der Maximilianstrasse 36. Sein Erfolg basiert vermutlich auf seinem ganz eigenen Rezept: 6x die Woche geringer Abstand ok, aber nie zu nah! Er sagt, er hasse Bartender die den Gästen zu nahe kommen, sein Motto sei eben: „If you want my respect, respect me! If you want my advice, pay me.“
Charles Schumann, mixed aus dem Handgelenk, ohne Rezept und Maß und es passt immer. Dieses Mixer-Laisser-Faire hat er jahrelang geübt. Natürlich gehört auch jede Menge Talent dazu. In seinem Buch „American Bar“ hat Schumann seine Erfahrungen zusammen gefasst. Dieser Bar-Klassiker geht inzwischen weltweit übern Tresen. Schumann, der smarte Typ mit Matte ist gerade 75 Jahre alt geworden und immer noch neugierig auf das Leben und die Menschen. SCHUMANNS BARGESPRÄCHE, grade im Kino angelaufen, ist ein Streifzug durch einige der interessantesten Bars der Welt. Schumann führt den Zuschauer an Sehnsuchtsorte und öffnet Türen zum „Dead Rabbit“ in New York, der „Hemingway Bar“ in Paris, dem „El Floridita“ in Havanna und der Bar „High Five“ in Tokio. Er lässt sie ihre Geschichten erzählen, spricht mit den Menschen, deren Leben der blauen Stunde gehört, die sie zelebrieren und genießen. Er trifft Barseelen, Macher und Chronisten und begibt sich auf die Suche nach den Geheimnissen der Barkultur. Not to sour, not to sweet, sie sind alle ein bisschen bluna, aber zum anfassen.
„Heute finden die tollen Gespräche ja kaum noch in Bars statt“, sagt er. Das Internet habe auch hier die Kommunikationskultur ins Virtuelle verschoben. SCHUMANNS BARGESPRÄCHE führen den Zuschauer durch Jahrzehnte der Stil- und Zeitgeschichte der Bars und ihrer Drinks. Man lernt dabei auch Charles Schumann ein wenig kennen. Er ist nicht immer unbedingt sympatisch, ein bisschen eigen, ein Tresen-Philosoph mit einem Faible für Baudelaire, „Les Fleur du mal“, die ja auch nicht jeder mag, obwohl z.T. so schön: … comme un oiseau voltigeait tout joyeux et planait librement a l’entour des cordages… . Vielleicht führt er die Menschen wieder zusammen, macht Lust auf echte Gespräche, in der echten Welt, der Trend scheint da ja auch schon wieder hin zu gehen, grade wurden die 50 besten Bars der Welt gekürt Link: „The worlds 50 best“
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