
„Die Kühe sind wie ein Gradmesser für unser Tun, geht es ihnen gut, ist der Hof im Lot,“ sagen die Bollheimer in Zülpich bei Euskirchen. Und es geht ihnen gut, sogar saugut. Die Schweinehaltung wurde erstmal abgeschafft und dafür mehr in die Rinderhaltung investiert.
Vielleicht kommen die Schweine eines Tages auch wieder, man folgt hier keinem Dogma – alles ist schön im Fluss. Biokühe mit viel Weidegang waren die Rinder auf dem Hof schon immer, inzwischen sind sie wahre Gourmets. „Um den Mohn fressen sie fein säuberlich drum herum,“ erklärt Sievert Jorges lächelnd. Er kümmert sich auf Bollheim um die Rinder. Schließlich stehen auf ihrer Speisekarte ganz andere Leckereien, wie Klee, Luzerne, Gräser, Kräuter, Löwenzahn – je nach Jahreszeit und täglich eine Schaufel Kraftfutter. Diese Vielseitigkeit im Futteranbau macht aus dem Kuhmist reines Ackergold.
Der Boden wird fruchtbarer und lebendiger, was sich wiederum in der Qualität seiner Früchte niederschlägt, die den Kühen zugute kommt und damit auch wieder dem Mist. Dieser Mist bereichert den Gemüseanbau, jubelt
die Tomaten hoch, würzt Kohlrabi, Fenchel und Salate – das ist Kreislaufwirtschaft. Ohne Kuh und andere Nutztiere gäbe es keinen biologisch-dynamischen Landbau. Alle Kühe behalten hier ihre Hörner. Hörner sind wichtig. Kühe kommunzieren mit ihnen, siehe dazu auch „Kühe verstehen“ von Martin Ott. Wenn man der Kuh, während sie frisst, ans Horn fasst, dann spürt man wie gut es durchblutet ist. Am Horn kann man auch ganz gut erkennen, ob es dem Tier gut geht. Zusammen mit den Klauen bilden sie eine Einheit und dazwischen wird verdaut. „Man sollte dafür Sorge tragen, dass die Tiere immer genügend Zeit haben zum verdauen, damit sie in sich ruhen können,“ sagt Hans von Hagenow, einer der vier Pächter des auf Vielseitigkeit ausgerichteten Demeter Betriebes. Mit den Hörnern der Kuh fertigen sie auf Bollheim auch den Dung für die Felder. Für die Spritzpräparate werden die Hörner mit Kuhmist gefüllt und im Winter vergraben. Kurz nach Ostern wird das Horn wieder ausgebuddelt. Der inzwischen zu einer wohlriechenden Masse entwickelte Inhalt wird mit viel Wasser verrührt und dann auf die Felder ausgebracht.
Alles läuft im Rhythmus mit der Natur, dem man sich auf Bollheim so weit wie möglich anpasst. Seit 1981, also über 30 Jahre, bewirtschaften die vier Landwirte: Arne Mehrens, Christian Reiske, Hans von Hagenow und Olaf Seyd den Hof in der Köln-Aachener Bucht biologisch-dynamisch. Die Bio-Pioniere haben die Aufgaben untereinander verteilt. Alle gemeinsam kümmern sich um ein paar
hundert Hühner, etwa 170 ha Acker-, Wald- und Grünland, bauen vier Getreide- und sechs Kartoffelsorten an, plus 50 verschiedene Gemüsekulturen. Sie betreiben Gewächshäuser mit Saatgutforschung, eine Käserei, eine Bäckerei und beschäftigen fast 70 Mitarbeiter, die auf dem Hof leben und arbeiten. Dazu leben noch um die 130 Rinder auf Bollheim. Etwa die Hälfte davon sind Milchkühe, der Rest Färsen, Kälber und Louis, der Bulle. Ohne Kälber gibt es natürlich keine Milch. Auf Bollheim werden die Kühe aber erst mit 3 Jahren trächtig und die Kälber dürfen 7 bis 10 Tage bei ihren Müttern bleiben.
„Sie sind dann durch die Biestmilch etwas geschützter gegen Durchfall und andere Krankheiten,“ sagt Sievert. Kuh und Kalb bleiben von Natur aus zwei Jahre lang zusammen. Bei der Trennung rufen sie nach einander, es klingt herzzerreißend. Einige wenige Milchviehbetriebe
versuchen es mit der muttergebundenen Milchviehhaltung. Halbe halbe: das Kalb trinkt und die überschüssige Milch melkt der Mensch ab. Kühe produzieren meist mehr Milch als das Kalb trinkt. Die männlichen Kälber müssen den Hof in der Ober-Eifel nach maximal 10 Tagen verlassen. Das ist länger als in den durchschnittlichen Milchviehbetrieben. Die kleinen Kuh-Mädchen bleiben zum Teil für die Nachzucht. Auf Bollheim wachsen in Gruppen auf, weil sie sich so wohler fühlen sollen. Für die Milchproduktion sind die männlichen Tiere ungeeignet und die Herde würde mit ihnen zu groß werden. Die Milch wird auf diesem Betrieb komplett direkt vermarktet oder weiter verwertet. Von der Milchkrise sind sie daher nicht betroffen. Einen Teil der Rohmilch kann man im hofeigenen Laden kaufen. Aus dem anderen Teil stellt Olaf Seyd in der hofeigenen Käserei 25 verschiedene Käseprodukte her. Das geht Hand in Hand. Frisch hat die Milch genau die richtige Temperatur zur Weiterverarbeitung. Seyd setzt dem weißen Gold dann Kälberlab zu, gewonnen aus dem Magen eines Kalbes. So setzt er den Gerinnungsprozess in Gang aus dem dann Käse wird, je nach Jahreszeit unterschiedlich im Geschmack und in der Konsistenz.

Ines von Hagenow, die gute Seele von Haus Bollheim u. ihr Mann, Hans, zuständig für Kommunikation und Organisation
Der Maigouda ist etwas gelblicher und etwas weicher als der Winterkäse, weil die Milch zu dieser Jahreszeit etwas mehr Fett enthält. Für die gute Qualität seiner Käseprodukte wurde Seyd 2012 mit einigen Preisen ausgezeichnet.
Seit 2015 gehört Bollheim zu den 242 Demonstrationsbetrieben ökologischer Landbau des BLE*, ein bundesweites Netzwerk von Biobetrieben des BÖLN**. Die Demonstrationsbetriebe öffnen ihre Türen für ein breites Publikum, um die Nähe zum Verbraucher wieder zu finden. Elmar Seck vom BLE und zwei Agenturen organisieren immer wieder Events, zu denen Blogger und Journalisten eingeladen werden, um den Bekanntheitsgrad der Betriebe zu erhöhen, das ist der Deal.
Der Besuch auf Bollheim war ergiebig: Hans führte großzügig durch den Betrieb und erklärte wie die Hühnerställe funktionieren, wie die Tomaten befruchtet werden, mit Hummeln nämlich, usw..
Mit Sievert Jorges holten wir die Kühe von der Weide, schauten im Melkstall zu wie das Melkgeschirr angelegt wird, und Olaf Seyd erklärte dann wie mit der Milch die Käseproduktion in Gang gesetzt wird. Nach knapp zwei intensiven Tagen auf Bollheim endete die schöne Landpartie mit einer Mediensuppe und anderen Delikatessen, deren Ergebnisse

li. Wurstsack***, moderierte die Veranstaltung, Dr. Harald Hoppe war die gute Biospitzenkoch-‚Küchenfee‘
sich auf den verschiedenen Blogs und in Magazinen von Kollegen finden lassen: iHERZfood; moey’s kitchen; Essen ist toll; Volle Lotte; S-Küche; Theresas Küche; Kleine Chaosküche; Schöner Tag noch; Volker kocht; Kleiner Kuriositätenladen; Kollege Michael
Billig für Schrot & Korn (der Beitrag kommt vermutlich im August); Insane in the Kitchen, Allem Anfang und Pastasciutta. Ruhig mal reinschauen, man bekommt ein Auge und Pfützchen auf der Zunge…
Ein Besuch auf Bollheim lohnt sich. Es ist wie eine Reise zu Alice im Wunderland, an jeder Ecke gibt es irgendetwas Neues zu entdecken. Ein guter Ort auch zum entspannen, aber auch zum einkaufen. Der Laden ist mit vollem Sortiment ausgestattet, von Milch zum zapfen bis Nagellack. Link: Haus Bollheim – mit Angaben über Märkte und Läden wo es die Produkte gibt.
*BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, gehört zum BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
**BÖLN Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft; in D wirtschaften 23000 Betriebe nach diesen ökologischen Richtlinien, 242 davon gehören momentan zu den Demobetrieben
***Hendrik Haase alias Wurstsack
Fotos ⒸRuth Schalk
Tags: BLE BÖLN Demonstrationsbetriebe diverse tolle Küchenblogs Haus Bollheim Kühe mit Hörnern ökologischer Landbau Wurstsack