Schon die Beschreibung am Eingang weckt Neugier auf diesen zeitgenössischen Künstler. Mit etwa 100 Werken entführt die Ausstellung den Betrachter auf eine Reise durch die zahlreichen Methoden, mit denen Hockney schon als Student am Londoner Royal College of Art die Natur des Sehens und Darstellens hinterfragt. Dabei steht sowohl Hockneys ständige Suche nach neuen Ausdrucksformen, als auch das Experimentieren mit der Darstellung von Perspektive, Wahrnehmung und Realität im Zentrum. Aber auch sein feines Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen und sein Interesse am männlichen Körper wird in zahlreichen Porträts und Aktdarstellungen deutlich.
Auftakt der chronologisch angelegten Ausstellung ist Woman with a Sewing Machine von 1954, eine von Hockneys frühesten Druckgrafiken, in der seine Mutter Laura Hockney erscheint, die er oft porträtiert. Es folgen frühe Arbeiten wie Doll Boy. Die Zahlen, Inschriften und Noten auf der Figur im weißen Hemd mit dem abgesenkten Kopf, bezieht sich auf den Song „Living Doll“ und ist eine versteckt schalkische Liebeserklärung an den Popsänger Cliff Richard. 1961 reist Hockney das erste Mal in die USA. Zurück in London verarbeitet er die in New York gewonnenen Eindrücke in einer Serie von Radierungen, die er in Anlehnung an William Hogarth A Rake’s Progress (Werdegang eines Wüstlings) nennt. 1964 zieht Hockney das erste Mal an die Westküste der USA. Es entstehen Darstellungen von intimen häuslichen Szenen wie etwa in der Arbeit Man in Shower, Beverly Hills (1964). Hier beginnt auch Hockneys lebenslange Faszination für die Schwierigkeiten der Darstellung von transparenten Oberflächen und bewegtem Wasser. Ausgedehnte Reisen und lange Auslandsaufenthalte schlagen sich von nun an immer wieder auf die Wahl seiner Themen nieder. Um Ideen und Skizzen für Radierungen zu Gedichten des ägyptisch-griechischen Lyrikers Konstantinos Kavafis zu sammeln, reist Hockney 1966 nach Beirut. Es entstehen Radierungen, die mit ihrer feinen Linienführung seinen zurückgenommenen Sprachstil spiegeln.
Anfang der 1970er Jahre wendet sich Hockney den naturalistischen Doppelporträts zu und vollendet 1971 nach häufigen Übermalungen sein in Großbritannien beliebtestes Werk Mr and Mrs Clark and Percy. Zahlreiche Porträts aus dieser Zeit verdeutlichen in der Ausstellung seine zunehmende naturalistische Darstellung von menschlichen Figuren, Licht und Schatten. Dabei liegt Hockneys inhaltliches Augenmerk darauf, in der Erstarrung eines Augenblicks die Besonderheiten einer Beziehung herauszuarbeiten.
In den 1980er Jahren studiert Hockney eingehend chinesische Rollbilder. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bestätigen ihn in seiner Auseinandersetzung mit der Perspektive. Er schafft vom Kubismus geprägte querformatige Kompositionen mit perspektivisch gestreckten Panoramen von Innen- und Außenräumen. Exemplarisch dafür wird die Serie von Lithografien mit dem Titel Hotel Acatlan in der Ausstellung gezeigt. Das durch die fotografischen Experimente angefachte Interesse an kubistischen und dekonstruktivistischen Darstellungsweisen überträgt er auch in seine Porträts und Stillleben, denen ebenfalls ein Kapitel in der Schau gewidmet wird. Anfang der 1990er Jahre nehmen Gefühle und Geisteszustände abstrakte Formen an. Ende der 1990er Jahre widmet sich
Hockney neben den Landschaften seiner Heimat Yorkshire auch dem Grand Canyon, der schon seit den 1980er Jahren sein Motiv ist. Eine Woche lang fertigt er dort Ölpastell-Studien an. Darauf basierend entsteht das großformatige A Closer Grand Canyon (1998, Louisiana Museum of Modern Art in Humlebæk), das den Abschluss der Ausstellung darstellt.
David Hockney. Die Tate zu Gast ist eine Zusammenarbeit mit der Tate, aus deren Sammlung der Großteil der gezeigten Werke stammt. Darüber hinaus kommen einzelne Leihgaben von der Hamburger Kunsthalle, dem Louisiana Museum of Modern Art in Humlebæk und dem Stedelijk Museum voor Actuele Kunst in Gent. Konzipiert wurde die Schau von der britischen Kuratorin und Hockney- Expertin Helen Little. The First Marriage (A Marriage of Styles I), Mr and Mrs Clark and Percy oder My Parents, die hier zum ersten Mal in einer Ausstellung in Deutschland vereint sind. Sie alle machen Hockneys Passion für das Experimentieren mit verschiedenen Medien sichtbar und verdeutlichen, wie sehr er die Zuschreibung zu einer bestimmten Stilrichtung ablehnt. Am Ende der Ausstellung fasziniert vor allem die Größe und Farbenpracht vom Grand Canyon. Es ist als würde man in fröhliche Farbe getaucht. In jedem Fall ist die Austellung nicht nur wunderschön anzusehen, sie hebt auch die Stimmung…
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